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AfD muss mit eisigem Gegenwind rechnen

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AfD muss mit eisigem Gegenwind rechnen

Symbolbild

Stuttgart. Anfang dieser Woche wurde bekannt, dass die AfD in Stuttgart angeblich unter dem Motto „Migrationspakt stoppen – Gegen die Abschaffung Deutschlands“ aufmarschieren will (wir berichteten). Zwischenzeitlich wurden weitere Einzelheiten zu diesem Vorhaben bekannt. Der rassistische Aufmarsch unter der Führung des Freiburger AfD-Landtagsabgeordneten Stefan Räpple soll am Samstag, 8. Dezember, um 14 Uhr auf dem Stuttgarter Kronprinz-Platz starten. Auch der Protest gegen den rechten Aufmarsch formiert sich. Das Bündnis Stuttgart gegen Rechts (SgR) und das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS) mobilisieren auf 12.30 Uhr auf den Rotebühlplatz zu einer Kundgebung gegen den rechten Aufmarsch . Im Anschluss soll es zum Protest am Rande des Kronprinz-Platzes gehen.

Screenshot Facebook

Es soll sich nach Räpples Aussagen nicht um eine AfD-Veranstaltung handeln. Auf einem Bild, das Räpple auf seiner Facebookseite verbreitet, stehen allerdings zwei Organisationen – die AfD und die rassistische Gruppierung „Kandel ist überall“ (siehe Screenshot rechts).

Protest gegen den AfD-Aufmarsch kann ersten Erfolg verbuchen 

Der angekündigte Protest gegen den rassistischen Aufmarsch zeigt offenbar erste Reaktionen: Auf einen ursprünglich vorgesehenen Demonstrationszug verzichtet Räpple. Auf Nachfrage der BN-Redaktion erklärte die zuständige Versammlungsbehörde: „Die Versammlung wird stationär auf dem Kronprinz-Platz stattfinden. Die Versammlung ist von 14.30 bis 17 Uhr angemeldet, der Anmelder rechnet mit ca. 500 Personen.“

Räpple soll nach Angaben des AABS-Aktionsbündnisses dem extrem rechten Flügel der AfD angehören. Er „macht keinen Hehl daraus, dass er an den rassistischen Pogromen von Chemnitz im Sommer diesen Jahres teilnahm“, erklärt das AABS und führt weiter aus:

„Er und seine Partei sind ein durch und durch reaktionärer, rassistischer und sexistischer Haufen. Ihr politisches Programm ist nicht im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung. Im Gegenteil. Der AfD geht es ganz bewusst darum, Menschen gegeneinander auszuspielen und aufzuhetzen. Das werden wir nicht zulassen: Wir verhindern gemeinsam und mit allen notwendigen Mitteln, dass Nazis und Rassisten ungestört ihre Hetze verbreiten können! Kommt mit uns am Samstag auf die Straße.“

Nachstehend dokumentieren wir den Aufruf zum Protest des SgR:

„Kundgebung & Protest: Keinen Meter der AfD

Am Samstag, den 8. Dezember 2018, plant die AfD einen Aufmarsch in der Stuttgarter Innenstadt. Am Kronprinzplatz, in der Nähe der S-Bahn-Station Stadtmitte, wollen die Rechten gegen Geflüchtete, MigrantInnen und Andersdenkende hetzen.

Anlass des rechten Aufmarschs ist die UN-Debatte zur Flüchtlingsfrage. Die Rechten um den AfD-Abgeordneten Räpple, der auch an den rassistischen Pogromen in Chemnitz teilgenommen hat, verdrehen in gewohnter Manier Ursache und Wirkung um so von der Situation zu profitieren.

Weltweit fliehen Menschen vor Hunger, Kriegen und Armut. Deutschland, eines der reichsten Länder der Welt und unmittelbarer wirtschaftlicher Profiteur vieler Krisen, schottet sich derweil mithilfe von Frontex ab, lässt Menschen im Mittelmeer ersaufen und kriminalisiert FlüchtlingshelferInnen. In dieser Situation gegen Geflüchtete zu hetzen, ist blanker Hohn und lenkt von den realen sozialen Problemen, wie Wohnungsnot und Altersarmut, bewusst ab.

Bildquelle: AABS

Wer genau hinschaut, erkennt sofort: Die VerursacherInnen der gesellschaftlichen Probleme sitzen nicht auf einem Schlauchboot im Mittelmeer und fliehen vor Konflikten, die allzuoft mit deutschen Waffen ausgetragen werden.

Die VerursacherInnen der Probleme sitzen beispielsweise in den Sesseln der Aufsichtsräte der DAX-Konzerne und den Bundesministerien. Wer in dieser Situation Minderheiten zum Sündenbock macht, spielt die Menschen gegeneinander aus. Dem müssen wir entgegentreten!

Kommt mit uns am Samstag auf die Straße. Schon in der Vergangenheit haben wir gemeinsam gezeigt, dass Rechte und ihre menschenverachtende Hetze in Stuttgart keinen Fuß auf die Straße bekommen. Dabei soll es bleiben. Lasst uns gemeinsam, vielfältig und entschieden dem Treiben der selbsternannten „RetterInnen des Abendlands“ begegnen: Keinen Meter der AfD! Für eine solidarische Zukunft!

Bündniskundgebung: 12.30 Uhr Rotebühlplatz / Stadtmitte
Im Anschluss: Proteste gegen die AfD-Kundgebung am Kronprinzplatz“


Flop im Nieselregen für die AfD

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Flop im Nieselregen für die AfD

Kleines „Volk“ im Regen

Von unseren ReporterInnen – Stuttgart. Nach Polizeiangaben waren es bis zu 75 AfD-Anhänger, die am Samstagnachmittag, 8. Dezember, auf dem Stuttgarter Kronprinzplatz versammelt waren. Dabei dürften Schaulustige und JournalistInnen mitgerechnet sein. Nach unserer Zählung verloren sich bei der mehrstündigen Kundgebung höchstens 50 Anhänger der völkisch-nationalen und neoliberalen Partei – darunter einige mit gelben Westen. Weit über 400, nach manchen Schätzungen bis zu 600 GegendemonstrantInnen protestierten an den Zugängen mit Parolen, Tröten und Trillerpfeifen gegen den rechten Aufmarsch.

Die Polizei setzte nach eigenen Angaben einmal Pfefferspray ein. Dabei seien vier Personen, darunter zwei Polizeibeamte, leicht verletzt worden. Eine Polizeibeamtin habe ein Knalltrauma durch einen Böller erlitten.

Die Polizei meldete, das Fahrzeug des Versammlungsleiters sei nach der rechten Kundgebung auf der Theodor-Heuss-Straße/Friedrichstraße von Protestierenden gestoppt und durch eine auf die Vorderseite geworfene Sitzbank beschädigt worden. Räpple erstattete nach eigenen Angaben Anzeige wegen versuchten Totschlags und sprach von einem „linksterroristischen Anschlag“. Die Polizei nahm einen Tatverdächtigen fest. Ein weiterer Tatverdächtiger sei wegen Beleidigung und Widerstand festgenommen worden.

Alois Röbosch, alias Alois „von Schlesien“, ehemaliger Landesvorsitzender der Republikaner in Rheinland-Pfalz und Stadtrat in Speyer – Archivbild

Räpple stellte sich bei seiner Kundgebung gegenüber der Presse als Versammlungsleiter vor. Bei der Angabe, das Fahrzeug des Versammlungsleiters sei beschädigt worden, handelt es sich vermutlich um eine Falschbehauptung. Das besagte Fahrzeug ist wohl nicht Räpples Fahrzeug. Nach unseren Recherchen handelt es sich um einen Transporter, der bereits seit Jahren bei vielen Versammlungen von Neonazis als Lautsprecherwagen eingesetzt wurde. Das Fahrzeug wurde zum Zeitpunkt der Beschädigung und bei früheren rechtsradikalen Versammlungen von Alois Röbosch, alias Alois „von Schlesien“, ehemaliger Landesvorsitzender der Republikaner in Rheinland-Pfalz und Stadtrat in Speyer, gesteuert. Somit ist davon auszugehen, dass es sich um Röboschs Fahrzeug handelt, sofern es nicht kurzfristig den Eigentümer gewechselt hat.

Demo-Sanitätsdienst Südwest

Wasserwerfer zur Absicherung des AfD-Aufmarschs

Der Demo-Sanitätsdienst Südwest berichtet von drei während der Kundgebung versorgten  PatientInnen – zweimal wegen Pfefferspray, einmal internistisch. Nach unseren Beobachtungen verhielten sich einige BeamtInnen unverhältnismäßig grob. So wurde ein Mann, der sich vor eine Polizei-Kamera gestellt hatte, von fünf oder sechs PolizistInnen zu Boden gebracht, mit Handschellen gefesselt und mit dem Gesicht auf den nassen Asphalt gedrückt. Auch ein Pressevertreter wurde angegangen.

Die Polizei schirmte die AfD-Kundgebung, von der so gut wie nichts nach außen drang, mit großem Aufwand ab. Zwei Wasserwerfer standen bereit, zwei Drohnen waren im Einsatz, dazu die Reiterstaffel und mehrere Hundert weitere Polizeibeamte mit Schlagstock und Pfefferspray. Busse der SSB warteten auf dem Kronprinzplatz darauf, die Versammlungsteilnehmer später abzutransportieren. Die Zugänge waren mit doppelten Reihen von Hamburger Gittern abgesperrt, um die herum die Polizei AfD-Anhänger zu ihrer Kundgebung schleuste.

Rechte Gruppierung „Kandel ist überall“ taucht in Stuttgart auf

Stefan Räpple, AfD-Rechtsaußen

Der Landtagsabgeordnete und AfD-Rechtsaußen Stefan Räpple hatte erst vier Tage zuvor zu dem Aufmarsch unter dem Motto „Migrationspakt stoppen – Gegen die Abschaffung Deutschlands“ am Rand des Stuttgarter Weihnachtsmarkts aufgerufen. Da das Bündnis Stuttgart gegen Rechts (SgR) und das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS) Proteste ankündigten, wurde die zunächst geplante Demonstration schon vorab abgeblasen.

Dem AfD-Aufruf folgten auch Gleichgesinnte aus Karlsruhe und Kandel. Unter anderem sprach der Landtagsabgeordnete Wolfgang Gedeon, dessen antisemitische Schriften zeitweise zur Spaltung der AfD-Fraktion führten. Für die Organisation „Kandel ist überall“ sprach Linda Amon aus München.

Sie legte sich vor Kundgebungsbeginn mit Medienvertretern an und rief den Versammlungsleiter zu Hilfe, als einige von ihnen ihr keine ihren Vorstellungen entsprechenden Auskünfte gaben. Stefan Räpple wollte einem Fotografen der Beobachter News einen Platzverweis erteilen, merkte dann jedoch offenbar, dass er von einer öffentlichen Kundgebung keine Pressevertreter ausschließen kann, und verschwand (siehe Video unten).

Gegen Jusos und Migration

Stefan Räpple

Räpples Ansprache offenbarte Erstaunliches. Er nannte eine Zahl von angeblich 200 Kundgebungsteilnehmern. Weiteren AfD-Anhängern sei es nicht gelungen, auf den Platz vorzudringen. „Es ist nicht leicht, heute Patriot zu sein“, klagte er. Dann legte er gegen die Jusos los, die angeblich beschlossen hätten, Abtreibungen noch im 9. Monat zuzulassen. Sie seien Terroristen und gehörten vom Verfassungsschutz beobachtet. Er wandte sich namentlich gegen Dominik Schmeiser, den Sprecher des Bündnisses Stuttgart gegen Rechts. Dagegen könnten die im Visier des Inlandsgeheimdienstes stehenden Jungen Alternativen, die Jugendorganisation der AfD, kein Wässerchen trüben.

Räpple warnte vor angeblich ungezügelter Einwanderung ungezählter MigrantInnen. Man wisse nicht, wie viele aktuell kämen, da die Grenzen offen seien. Die Einwanderer würden „unsere Kultur bestimmen“, raunte der Abgeordnete aus dem badischen Kehl düster – was immer er unter Kultur versteht.

In Frankreich droht sozialer Kahlschlag

Antifaschistischer Protest auf dem Rotebühlplatz

Zunächst hatten sich etwa 300 GegendemonstrantInnen um die Mittagszeit auf dem Rotebühlplatz versammelt. In mehreren Reden wurden die Politik der AfD und die Rolle Stefan Räpples thematisiert, dem die Partei nicht rechts genug stehe. Es ging auch um die Bewegung der Gelbwesten in Frankreich. Sie richteten sich gegen die Politik Emmanuel Macrons, der einen „massiven sozialen Kahlschlag“ betreibe. Er schneide die Arbeitsgesetzgebung auf die Interessen der Wirtschaft zu und schwäche Sozialsysteme ähnlich wie in Deutschland Hartz IV.

„Die Menschen haben in Frankreich erkannt, was es heißt, wenn Macron Deutschland als Vorbild nehmen will“, sagte ein Redner. Die Gelbwesten seien „eine klassische soziale Bewegung“ von Menschen, „denen es reicht, für die die Steuererhöhung vielleicht der Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen bringt“. Von einigen seien sie vorschnell als von rechts beeinflusst bewertet worden, obwohl ihr Protest nicht rassistisch oder nationalistisch unterlegt sei.

Das Parteiprogramm der AfD sei hingegen „maßgeschneidert für die Interessen der oberen Zehntausend“. In einigen Jahren könne sie womöglich wie die FPÖ in Österreich in Deutschland Regierungspartei sein. „Wer rechts wählt, schaufelt sich letztendlich sein eigenes Grab“, sagte der Redner. Bei der Demonstration zum Kronprinzplatz gehörte dann auch „Rassistisch, sexistisch, neoliberal – AfD, Partei fürs Kapital“ zu den am häufigsten gehörten Parolen – neben „Ganz Stuttgart hasst die AfD“ und „Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda“.

Kritik von links an UN-Migrationspakt

Eine weitere Rednerin wies auf eine für kommenden Samstag, 15. Dezember, geplante Seebrücke-Demonstration „Für eine Welt, in der niemand fliehen muss“ hin (Beginn: 13 Uhr in der Lautenschlagerstraße). Sie beschäftigte sich mit dem UN-Migrationspakt, gegen den sich die AfD-Kundgebung richtete. „Egal was drinsteht: Für Neonazis und Rassisten geht es nur darum, gegen Menschen zu hetzen“, stellte sie klar. Das Problem seien Kriege, Freihandelsabkommen und aufgerüstete Grenzen, dazu eine Politik, „die Menschen im Mittelmeer ertrinken lässt“. Daher sei auch der Migrationspakt zu kritisieren, in dem etwa von „Grenzmanagement“ die Rede sei.

Die Rednerin kritisierte, dass Schiffe von NGOs in europäischen Häfen festgehalten würden und Seenotrettung als Beihilfe zu illegaler Migration kriminalisiert werde. Es könne nicht sein, dass nur verwertbare Arbeitskräfte kommen dürfen. „Für uns ist Beides nicht die Lösung“, stellte die Rednerin klar. Man wolle eine Gesellschaft, in der alle gleichberechtigt leben können.

Polizei hält Flugblattverteilerin fest

Janka Kluge, VVN-BdA

Weitere RednerInnen beschäftigten sich mit dem Frauenbild der AfD und der Rolle des sogenannten „Frauenbündnis Kandel“, außerdem mit der Geschichte der Gestapo-Zentrale „Hotel Silber“, die vor dem Abriss bewahrt und jetzt als Gedenkstätte eröffnet wurde. Trotz aller Anfeindungen gegen die angeblich linksextremistische VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes): „Den Schwur von Buchenwald wird es so lange geben, wie es Nazis gibt“, erklärte deren Landesgeschäftsführerin Janka Kluge.

Während der Kundgebung wurde bekannt, dass die Polizei eine Gegendemonstrantin eine halbe Stunde am Schlossplatz festgehalten, durchsucht und ihre Personalien aufgenommen hatte, weil sie dort Flugblätter verteilte, was sie angeblich nur bei der Kundgebung dürfe. „Aber nein, auch das neue Polizeigesetz schränkt die Versammlungsfreiheit nicht so weit ein. Wir dürfen Flugblätter verteilen, wo wir es für richtig halten“, stellte Kluge klar.

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Protest gegen Krieg und Vertreibung

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Protest gegen Krieg und Vertreibung

Von unseren ReporterInnen – Stuttgart. „Für eine Welt, in der niemand fliehen muss“ – das war das Motto einer Demonstration am frühen Samstagnachmittag, 15. Dezember, in Stuttgart. Die Lautenschlagerstraße füllte sich als Treffpunkt zunächst nur zögerlich. Doch beim Zug durch die Stadt zählte die mit starken Kräften vertretene Polizei in der Bolzstraße bereits 700 TeilnehmerInnen. Bei der Schlusskundgebung auf dem Marienplatz waren es nach unserer Zählung etwa 900.

Schon zuvor hatte sich die IG Metall Stuttgart versammelt. Am Nachmittag schloss sich eine Demonstration gegen die Angriffe der Türkischen Armee auf kurdische Gebiete an. An die 100 Menschen waren am Vormittag nach Rudersberg im Rems-Murr-Kreis gekommen, um sich mit dem Herausgeber und Chefredakteur der Beobachter News Alfred Denzinger zu solidarisieren. Auf sein Wohnhaus und seinen Wagen hatte es bereits zum vierten Mal Ziel rechte Farbattacken mit dem Ziel gegeben, ihn einzuschüchtern und von seiner journalistischen Arbeit abzuhalten.

An der Demonstration „Für eine Welt in der niemand fliehen muss“ beteiligten sich auch mehrere Flüchtlingsinitiativen und antifaschistische Gruppen. Der Zug führte bei Temperaturen nahe des Gefrierpunkts am Stuttgarter Weihnachtsmarkt vorbei durch die Stuttgarter Innenstadt. Einmal stieg roter und einmal blauer Rauch auf. Auf Höhe der Paulinenbrücke brannten an einem Bauzaun angebrachte Pappschilder, die mit Bildern und Aufschriften, Krieg, Flucht und Kapitalismus symbolisierten.

Trommeln und laute Parolen

Antikapitalistischer Block

Immer wieder waren Parolen zu hören wie „Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in alle Welt“, „Um Europa keine Mauer, Bleiberecht für alle und auf Dauer“, „Kein Mensch ist illegal, Bleiberecht überall „- aber auch „An jedem Krieg in jedem Land verdient zuletzt die Deutsche Bank“. Die Demo-Sanitätsgruppe Südwest und eine Trommelgruppe begleiteten die Demonstration, und es gab auch einen „antikapitalistischen Block“.

„Vor einem Jahr waren wir 1700. Schaut Euch um – ich glaube, wir sind mehr“, sagte der Moderator bei einer Zwischenkundgebung vor dem Neuen Schloss vom Bühnenwagen aus. Dies Schätzung dürfte jedoch deutlich zu optimistisch gewesen sein. Er kritisierte auch, dass die Polizei offenbar Zeit habe, die Demonstration mit starken Einsatzkräften zu begleiten und zu beobachten, für viele andere Aufgaben jedoch nicht.

Pflüger fordert Stopp der Rüstungsexporte

Tobias Pflüger, MdB Die Linke

Auf dem Rasen vor dem Neuen Schloss wurden Kreuze zum Gedenken an die Toten im Mittelmeer eingeschlagen. Tobias Pflüger, Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Vorsitzender der Linken, warf der Bundesregierung in seiner Rede eine „zynische Politik“ vor. Sie erlaube, dass Waffen in die Türkei geliefert werden, obwohl das Regime kurdische Dörfer bombardieren lasse und in Nordsyrien Krieg führe. Die Menschen flöhen aus diesen Dörfern auch in die Bundesrepublik. „Hört endlich auf mit Waffenlieferungen, damit die Menschen nicht mehr fliehen müssen“, forderte der Abgeordnete.

Pflüger ist auch Vorstandsmitglied der Informationsstelle Militarisierung (IMI). Er sprach als nächstes die Lage in Afghanistan an, die hoch gefährlich sei. Nirgendwo im Land sei es sicher, und die Bundeswehr agiere als Teil einer kriegerischen Mission. Die Linke werde niemals akzeptieren, dass Menschen dorthin abgeschoben werden, erklärte er: „Es ist gemeingefährlich, Waffen zu liefern und gleichzeitig Menschen abzuschieben“.

„Wir brauchen sichere Fluchtwege“

Zwischenkundgebung vor dem Neuen Schloss

Pflügers drittes Thema war die EU. Sie habe beschlossen, die Grenzsicherung Frontex mit 10 000 zusätzlichen Soldaten und Polizisten weiter auszubauen. Bereits im Sommer sei untersagt worden, Menschen zu retten. Weder private noch staatliche Flüchtlingshilfe sei möglich gewesen, SeenotretterInnen drohten bis zu zehn Jahre Haft.

„Es wurde bewusst versucht, Hilfe zu unterbinden. Auch das ist Beihilfe zum Mord“, warf Pflüger den Verantwortlichen vor. Frontex gehöre nicht ausgebaut, sondern abgeschafft. „Wir brauchen sichere Fluchtwege. Das ist überlebensnotwendig“, erklärte er: „Wir wollen weder rechte Anheizer noch eine flüchtlingsfeindliche Politik.“ Dabei handle es sich nur um die beiden Seiten der selben Medaille.

„Afghanistan ist unsicherer denn je“

Faysal aus Afghanistan

Der Aktivist Faysal aus Afghanistan, der seit drei Jahren in Deutschland lebt, sprach über die Zustände in seinem Herkunftsland. Seit 40 Jahren komme Afghanistan nicht zur Ruhe. Laut UNO seien 633 000 Menschen innerhalb des Landes auf der Flucht. „Afghanistan ist unsicherer denn je. Abschieben ist unmenschlich“, forderte er einen Abschiebestopp. Seine Worte wurden auch ins Persische übersetzt.

Durch das Gerberviertel führte der Weg zur Schlusskundgebung auf dem Marienplatz. Dort sprachen Luigi Pantisano, Stuttgarter Stadtrat der Linken/SÖS und eine Aktivistin des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS) über den Rechtsruck. Flüchtlingssolidarität und Antifaschismus seien nicht voneinander zu trennen. Pantisano sprach auch die rechten Attacken gegen Alfred Denzinger an, gegen die am Vormittag in Rudersberg protestiert worden war (siehe „Ihr alle, haltet zusammen“). Die Beobachter News leisteten unverzichtbare Arbeit, lobte er.

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Mahnwache für einen „fast Gestorbenen“

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Mahnwache für einen „fast Gestorbenen“

Die Mahnwacher

Von Wolfgang Weichert und Alfred Denzinger – Stuttgart. Der auch schon „fast ermordete“ AfD-Landtagsabgeordnete Stefan Räpple (siehe „Flop im Nieselregen für die AfD„) rief zunächst zur „Mahnwache gegen Gewalt“ vor dem Landtag auf. Offensichtlich wurde dem rechten Hardliner der Begriff „Bannmeile“ noch rechtzeitig erklärt, denn schließlich fand die Kundgebung mit etwa 40 Teilnehmern für den „fast Gestorbenen“ AfDler Frank Magnitz letztendlich am Mittwoch, 9. Januar, vor der Commerzbank auf dem Stuttgarter Schlossplatz statt. Rund 200 AfD-GegnerInnen schirmten die AfD-Veranstaltung von der Bevölkerung ab. Die AfD konnte ihre Opferrolle nur untereinander genießen und zur Schau stellen. Es wurde keine Außenwirkung erzielt. Die Redebeiträge der braun-blauen Partei gingen im lautstarken Protest der GegendemonstrantInnen unter.

Zwischenzeitlich hat sich gezeigt, dass die Vorwürfe bezüglich des Angriffs vom vergangenen Montag auf den Bremer Bundestagsabgeordneten und Landesvorsitzenden der AfD, Frank Magnitz, weitgehend der Phantasie seiner Mitstreiter entsprungen ist. Staatsanwaltschaft und Polizei dementierten die Darstellungen der AfD: Es gibt keinen Beweis für einen Angriff mit einem Kantholz, es gab keinen Mordanschlag, es gibt keine Nachweise für Tritte gegen den Kopf von Magnitz und es gab wohl auch keine Bauarbeiter, die die Angreifer vertrieben haben. Laut einer Spiegel-online Meldung erklärte Staatsanwalt Frank Passade: „Wir gehen davon aus, dass die Verletzungen allein dem Sturz geschuldet sind.“ Die beiden Zeugen, auf die sich die AfD berief, stellen die Tat gegenüber der Polizei ebenfalls anders dar. Die Handwerker gaben laut Passade an, die Tat gar nicht gesehen zu haben. Sie seien erst durch Schreie aufmerksam geworden. Von einem Kantholz hätten sie der Polizei gegenüber nichts gesagt. Der AfD-Mann hat das Krankenhaus inzwischen verlassen.

Räpple für Bewaffnung der AfD

Innerhalb der AfD gibt es unterschiedliche Sichtweisen der Dinge. Nachdem Magnitz verletzt wurde, wirbt der AfD Landtagschef Bernd Gögel für ein friedliches Miteinander, während der Landtagsabgeordnete Stefan Räpple für eine legale Bewaffnung der AfD-Mitglieder wirbt.

Die Mahnwacher für den „fast Gestorbenen“ ziehen ab

Das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS) hatte zum Protest gegen die AfD-Mahnwache aufgerufen. Diesem Aufruf folgten rund 200 Teilnehmer. Nach der etwa einstündigen Aktion der AfD zogen deren Teilnehmer unter Polizeischutz über den Schillerplatz ab. Ein großer Teil der GegendemonstrantInnen formierten sich zu einem spontanen Demonstrationszug entlang der Königstraße bis zum Rotebühlplatz. Nach der Beendigung des Protests kam es zu Rangeleien zwischen den DemonstratInnen und der Polizei, die eine Person unvermittelt aus der Menge heraus festgenommen hatte.

Das AABS erklärte nach der Aktion auf ihrer Facebookseite:

„Die AfD ist die Partei der organisierten Gewalt.

– So ist es doch die AfD, die am liebsten alle Flüchtlingsboote, inklusive der Menschen, im Mittelmeer versenken würde.

– Es ist die AfD, die alltägliche häusliche Gewalt verschweigt (wenn sie nicht gerade in ihr rassistisches Hetzkonzepzt passt) und mit ihrem Frauenbild patriarchale Strukturen fordert.

– Es ist die AfD, die mit ihrer Hetze zu Brandstiftung und Hetzjagden auf Andersdenkende und Minderheiten anstiftet.

– Es ist die AfD, die mit ihren Privatisierungsbestrebungen noch mehr Menschen in Altersarmut zwingen will.

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Es ist absolut notwendig und legitim sich gegen diese, von Gewalt geprägte, rechte Hetze zur Wehr zu setzen. In Stuttgart, Bremen und anderswo.
Das Problem heißt rechte Gewalt!“

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AfD zieht sich aus Dieseldemo zurück

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AfD zieht sich aus Dieseldemo zurück

Von Wolfgang Weichert und der Redaktion – Stuttgart. Rund 700 Menschen beteiligten sich am frühen Samstagabend, 19. Januar, an der zweiten Demonstration bei der Feinstaubmessstelle am Stuttgarter Neckartor gegen das geltende Dieselfahrverbot. Die Demonstrationen sollen nach Aussage des Initiators nicht zur Bühne für politische Organisationen und Parteien werden, das Gegenteil bahnte sich jedoch an. Nach einigem Hin und Her hat die AfD jetzt angekündigt, sich aus der Veranstaltung vorerst zurückzuziehen. Das Bündnis Stuttgart gegen Rechts hat seine geplante Gegenkundgebung daher abgesagt.

Zur nächsten Dieseldemo am Samstag, 26. Januar, um 14 Uhr auf dem Wilhelmsplatz hatte das Stuttgarter Bündnis gegen Rechts eine Gegenkundgebung am Neckartor unter dem Motto „Die AfD ist nicht die Lösung!“ angekündigt. Doch nun rufe die AfD sogar dazu auf, sich von der auf den Wilhelmsplatz verlegten Kundgebung fernzuhalten, erklärt das Bündnis. Ihre Begründung sei „konsequentes antifaschistisches Engagement aus unterschiedlichen Ecken“.

„Mit dem Rückzieher der AfD entfällt der Anlass für unsere am Samstag geplante Kundgebung in der Nähe des Neckartors. Die Kundgebung „Die AfD ist nicht die Lösung!“ ist daher abgesagt.
Die Absage heißt aber nicht, dass wir nicht weiterhin wachsam sind“, heißt es weiter in der Erklärung des Bündnisses.

Im Vorfeld zur 2. Demonstration gegen das Dieselfahrverbot hatten politische Organisationen zur Teilnahme aufgerufen. Darunter die türkische „AK Parti Germany“ über ihre Facebookseite. Ebenso die AfD-nahe Gewerkschaftsliste „Zentrum“. Der ehemalige stellvertretender Landesvorsitzende der AfD Heinrich Fiechtner (Mitglied des baden-württembergischen Landtags) rief ebenfalls zur Teilnahme an der Demo auf und sicherte sich sogar noch die nächsten Demo-Termine bei der Stadt Stuttgart.

Bei der zweiten Auflage wurde dazu aufgerufen, die Parteilogos auf den Plakaten zu überkleben. Der Initiator der Demo gegen das Dieselfahrverbot (die Privatperson Joannis Sakkaros) war von dieser Übernahme der Termine durch Herrn Fiechtner nicht gerade begeistert. Er fürchtete eine Vereinnahmung der Demonstration

gegen das Dieselfahrverbot von Gruppierungen, die dem rechten Spektrum nahe sind.

Sakkaros, selbst in der IG Metall aktiv, ist deutlich angesäuert, dass die AfD-nahe Arbeitnehmervertretung „Zentrum Automobil“ damit geworben hat, sie gehe gemeinsam mit den Bürgern auf die Straße. Joannis Sakkaros möchte weiterhin versuchen, die Pro-Diesel-Demos vor Vereinnahmungsversuchen zu schützen.

„Es ärgert mich, dass sich Heinrich Fiechtner die kommenden Demonstrationstermine gesichert hat“, hielt er fest. Er wolle nicht, „dass unser Anliegen in eine bestimmte Ecke gedrängt wird, und ich möchte gerne weiter als neutraler Veranstalter auftreten.“

Schließlich einigten sich Joannis Sakkaros und Heinrich Fiechtner darauf, dass der Initiator die Demos wieder übernimmt, was nun zumindest bei der Anmeldung der dritten Demonstration der Fall war. Dennoch wurde damit gerechnet, dass sich Fiechtner als ursprünglicher Anmelder, die AfD und Organisationen wie „Zentrum Automobil“, AfD und andere beteiligen. Davon scheint die AfD nun abzusehen.

Die Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart verteilte auf der jüngsten Demonstration Handzettel mit dem Text: „Wölfe im Schafspelz … wie wir benutzt und für dumm verkauft werden sollen“. Zuerst wurden von den Demonstrationsteilnehmern die Handzettel gerne angenommen, aber als man den Absender der Handzettel erkannt hatte, wurden sie zerknüllt und mit wüsten Beschimpfungen gegen die Verteiler geworfen. Was sogar die Polizei auf den Plan rief, die die Verteiler daraufhin begleitete.

Es wird über den Samstag hinaus mit weiteren Demos gegen Fahrverbote gerechnet. Die FDP protestiert nach Angaben der „Stuttgarter Nachrichten“ am Samstag, 9. Februar, auf dem Schlossplatz. Auch die AfD wolle Kundgebungen dazu planen, Termine gebe es noch nicht.

Die Erklärung von Stuttgart gegen Rechts im Wortlaut:

„AfD zieht sich aus „Diesel-Demos“ zurück – Gegenproteste auf Eis gelegt

Die dritte „Diesel-Demo“ wird am Samstag nicht am Neckartor stattfinden. Sie wurde vom ursprünglichen Initiator auf den Stuttgarter Wilhelmsplatz verlegt. Politisch interessanter ist, dass 
Mit dem Rückzieher der AfD entfällt der Anlass für unsere am Samstag geplante Kundgebung in der Nähe des Neckartors. Die Kundgebung „Die AfD ist nicht die Lösung!“ ist daher abgesagt.
Die Absage heißt aber nicht, dass wir nicht weiterhin wachsam sind. Nicht zuletzt, weil die AfD bereits angekündigt hat, das Thema zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzugreifen. Für uns ist klar: Rechte haben in sozialen Protestbewegungen keinen Platz. Weder in Stuttgart noch sonst wo.
Dass wirksame und sozial gerechte Klimapolitik dringend notwendig ist, steht außer Frage. Dafür auf die Straße zu gehen bleibt weiterhin wichtig. Dies zu organisieren ist jedoch nicht unsere Aufgabe als Bündnis ‚Stuttgart gegen Rechts‘. Wir werden dann aktiv, wenn Rechte auf die Straße drängen und versuchen Teil von Protesten zu werden.
Am Fall der aktuellen „Diesel-Demos“ wird zudem einmal mehr deutlich, wie wichtig eine klare Abgrenzung gegen Rechts ist. Die AfD ist nicht die Lösung, weder für Fahrverbote noch für die Feinstaubwerte. Im Gegenteil: Wer den Klimawandel leugnet, den Autokonzernen nach dem Mund redet und versucht, soziale Fragen rassistisch aufzuladen, der ist nicht auf der Seite der Menschen. Rechte Politik ist niemals eine Lösung für soziale, ökologische oder andere politische Probleme. Rechte Politik greift die Menschen an, vereinzelt sie und spielt sie gegeneinander aus. Es ist unsere Aufgabe das zu verhindern.“

Eine Erklärung von Stuttgart gegen Rechts.

Stuttgart wird zur Demo-Hauptstadt

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Stuttgart wird zur Demo-Hauptstadt

Von Wolfgang Weichert – Stuttgart. Schon wieder wurde am Samstag, 16. Februar, zu drei Demonstrationen in Stuttgart aufgerufen. Die AfD Stuttgart, die Sammlungsbewegung „aufstehen“ und Joannis Sakkaros riefen zur Demonstration auf.  Zweimal ging es um das Dieselfahrverbot und einmal um die soziale Ungerechtigkeit in Deutschland.

Um 12.30 Uhr folgten circa 70 Teilnehmer dem Aufruf der AfD Stuttgart, gegen das Dieselfahrverbot zu demonstrieren. Erneut waren es nach dem Geschmack der AfD zu wenige Teilnehmer. Ein Redner fragte, ob es wohl beim vorigen Mal am schlechten Wetter und dieses Mal am guten lag, dass so wenige Teilnehmer kamen. Man traf sich wieder auf der sogenannten „grünen Brücke“ am Neckartor.

Viele Teilnehmer kamen von der AfD-nahen Gewerkschaftsliste Zentrum. Hier ging es um die Fehlpolitik der Grün-Schwarzen-Landesregierung in Baden-Württemberg. Die angekündigte Gegendemo des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart und Region AABS und des Bündnisses gegen Rechts blieb an ihrem Versammlungsort in der Neckarstraße.

Bereits um 13 Uhr versammelten sich die Anhänger der Gruppierung „aufstehen“ auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Diesem Aufruf folgten rund 150 TeilnehmerInnen. Darunter auch Leute aus Karlsruhe und Heidelberg. Nach kurzer Zeit zogen die Teilnehmer in einem Demonstrationszug durch die Stuttgarter Innenstadt zum Rotebühlplatz, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Gegen soziale Ungerechtigkeit will man hier die Leute mit „aufstehen“ mobilisieren.

Um 15 Uhr traf man in der Heilmannstraße (am Neckartor) einige Leute der Gewerkschaftsliste Zentrum wieder. Auch sie waren, wie circa 800 weitere Teilnehmer, zur Pro-Dieseldemo von Joannis Sakkaros gekommen. Hier prangerte man falsche Messmethoden der Feinstaubmessung und das daraus resultierende flächendeckende Fahrverbot in Stuttgart an.

Sakkaros, der mit großer Verspätung auf der Demonstration ankam (er reiste mit öffentlichen Verkehrsmitteln an) kündigte an, dass man künftig auch sonntags demonstrieren und dann auch die B14 am Neckartor blockieren werde.

Starker Polizeischutz für Fackelträger

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Starker Polizeischutz für Fackelträger

Von unseren ReporterInnen – Pforzheim. Der extrem rechte „Freundeskreis Ein Herz für Deutschland“ missbrauchte erneut den Jahrestag der Bombardierung Pforzheims im Zweiten Weltkrieg, um zu einer „Fackelmahnwache“ aufzurufen und einen Opfermythos zu beschwören, ohne die Vorgeschichte des von deutschen Faschisten entfesselten Kriegs zu thematisieren. Nach Angaben der Polizei fanden sich am Samstagabend, 23. Februar, 110 Neonazis auf dem Wartberg ein. Andere Beobachter sprechen von bis zu 130 Neonazis. Sie stießen vor Ort auf den lautstarken Protest von laut Polizei 400, nach unserer Schätzung bis zu 650 NazigegnerInnen. Es gab keine Zwischenfälle.

Als die Fackeln brannten, entzündeten Protestierende unterhalb des Wartbergs und in seinem rückwärtigen Bereich Raketen und Feuerwerk. Auch ein Böller explodierte. Aus der Ferne waren in dem von der Polizei komplett abgeschotteten Aufmarschbereich Sprechchöre wie „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“ gerade noch leise zu vernehmen.

Rechte dürfen sich vermummen

Parkplatz auf dem Wartbergplateau

Die Polizei war mit Hunderten von Einsatzkräften und schwerem Gerät vor Ort – auch mit Wasserwerfern. Sie hatte den Freibad-Parkplatz auf dem Wartbergplateau komplett mit ihren Fahrzeugen und Mannschaften belegt und mit Hamburger Gittern abgesperrt. Auch die Hunde- und die Pferdestaffel waren im Einsatz.

Die Einsatzleitung ließ das Gelände, auch den Aufmarschplatz der überwiegend mit dem PKW angereisten Fackelträger, mit Unterstützung des THW komfortabel und zum Teil taghell ausleuchten. Der Boden war extrem trocken. Auch die Feuerwehr stand für alle Fälle bereit, als die versammelten Neonazis kurz nach 19.40 Uhr ihre Fackeln anzündeten. Die Polizei schritt nicht dagegen ein, dass Fackelträger vermummt erschienen.

Protest in Sichtweite der Neonazis nicht möglich

Am späten Abend des 74. Jahrestages der Bombardierung von Pforzheim zog das Polizeipräsidium Karlsruhe vielmehr eine rundum positive Bilanz des Einsatzes. Das Konzept der „strukturierten Separierung“ habe sich erneut bewährt. Die Polizei habe ein Aufeinandertreffen beider Lager verhindern können. Es habe weder Fest- noch Gewahrsamnahmen und auch keine Verletzten gegeben, resümiert der Leitende Polizeidirektor Christian Ostertag als Einsatzleiter.

Auch habe die Polizei „das Recht auf Versammlungsfreiheit und den friedlichen Protest in vollem Umfang gewährleisten“ können. Allerdings fand er hinter einem breiten Korridor von Absperrungen in ungünstigem Gelände gerade noch in Hörweite, aber keinesfalls in Sichtweite der Fackelmahnwache statt, wie es das Versammlungsrecht vorsieht. Auch mussten sich Medienvertreter registrieren lassen, ehe sie zum Ort der „Mahnwache“ geführt wurden.

Freie Berichterstattung behindert

Dort bekamen sie einen kleinen, mit Gittern und Flatterband abgesperrten Bereich in einiger Entfernung zugewiesen, um Fotos und Filmaufnahmen zu machen. Von dort aus verfolgten auch der Erste Bürgermeister von Pforzheim Dirk Büscher und der Karlsruher Bundestagsabgeordnete der Linken Michel Brandt das Geschehen.

Die Beamten lehnten es ab, die Journalisten näher an die Fackelträger heranzuführen, wie es früher zum Teil der Fall war. Das wurde damit begründet, dass man die Sicherheit der Medienvertreter gewährleisten wolle. „Wir schützen Sie“, hieß es gegenüber den Journalisten, die per Megafon von den Neonazis als „linksextreme Presse“ tituliert worden waren. Auch der Chefredakteur der Beobachter News wurde namentlich genannt. Doch in Wirklichkeit behinderte die Polizei durch dieses Vorgehen die freie Berichterstattung und vermied es gerade, ihre Aufgabe zu erfüllen und die Medienvertreter bei ihrer Arbeit zu schützen.

Starke Delegation der „Omas gegen Rechts“

Im Vorjahr hatten sich nur 60 bis 70 Neonazis auf dem Wartberg versammelt. Bei dem Zulauf dürfte auch das für die Jahreszeit ungewohnt schöne Wetter eine Rolle gespielt haben. Zum Protest hatte die Initiative Pforzheim gegen Rechts unter dem Motto „Rechte Hetze und Gewalt stoppen – für eine offene, solidarische Gesellschaft“ aufgerufen.

Am Treffpunkt beim Bahnhof fanden sich antifaschistische Gruppen aus Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Landau und Kandel ein. Auch die Linke und ihre Jugendorganisation Solid war stark vertreten, ebenso die Grünen und gewerkschaftliche Gruppen. Mit etwa 50 Vertreterinnen kamen die „Omas gegen Rechts.“ Auch eine Trommelgruppe war vor Ort. Insgesamt hatten sich rund 750 NazigegnerInnen versammelt.

Zügig vom Hauptbahnhof zum Wartberg

Bei der Auftaktkundgebung sprachen Vertreter der Initiative gegen Rechts und von „Nicht lange fackeln“. Dann setzten sich um die 100 Menschen in Richtung Marktplatz in Bewegung, wo die Regionssekretärin des DGB Susanne Nittel für ein buntes und weltoffenes Pforzheim und Europa warb. An der Synagoge gab es einen Zwischenstopp.

Begleitet von einer Abordnung der Demo-Sanitätsgruppe Südwest zog der größere Teil der am Bahnhof Versammelten lautstark und ohne Zwischenfälle über die Nordstadtbrücke und durch die Heinrich-Wieland-Allee zügig zum Wartberg. Vor dem Café Hasenmayer hatten die Versorger aus Stuttgart ein Zelt aufgebaut, um warme und kalte Getränke und Verpflegung anzubieten. Dort gab es auch einen Stand des AABS (Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart und Region).

Lautstarke Sprechchöre gegen Neonazis

Die Demonstrierenden hielten sich jedoch nicht weiter auf. Ein Teil von ihnen marschierte hoch zum Wartberg. Andere versuchten, sich in kleinen Gruppen auf anderen Wegen dem Aufmarschort der Neonazis zu nähern. Der Polizei zufolge versuchten einige oben am Wartberg-Freibad, Absperrgitter zu übersteigen. Sie wurden aber von den Beamten zurückgedrängt.

Rückkehr zum Hauptbahnhof

Die Rückkehr der DemonstrantInnen zum Hauptbahnhof verlief ebenfalls ohne Zwischenfälle. Das Fazit der Initiative gegen Rechts am Sonntag: „Gestern demonstrierten rund 700 TeilnehmerInnen in Pforzheim gegen die rechte Fackelmahnwache auf dem Wartberg. Die zwei Demozüge zeigten friedlich und mit Nachdruck, dass wir keine rechten Geschichtsrevisionisten in unserer Stadt dulden! Die Gegendemo zum Wartberg in Kooperation mit dem Bündnis „… nicht lange fackeln“ verlief, entgegen den Erwartungen von Presse und Polizei, gewaltfrei! Wir hoffen, dass die generelle Kriminalisierung der Gegendemonstrant*innen auf dem Wartberg damit endlich ein Ende findet!“

Glocken und Kerzen zum Gedenken

Zwischen 19.50 Uhr und 20.12 Uhr hatten in Pforzheim wie jedes Jahr die Glocken im Gedenken an Menschen geläutet, die bei dem Bombenangriff getötet und verletzt wurden – aber auch an alle anderen Opfer des verbrecherischen Krieges. Auf dem Marktplatz versammelten sich etwa 400 PforzheimerInnen und entzündeten Kerzen.

Zuvor hatte Oberbürgermeister Peter Boch in seiner Rede auf der Markplatzbühne an alle, „die der von Deutschland entfesselte Bombenkrieg heimsuchte“, erinnert. Auch rief der Rathauschef zum gemeinsamen Gedenken an „alle Opfer von Krieg, Gewalt, Verfolgung und Unterdrückung auf der ganzen Welt“ auf. Schon tagsüber hatte es eine Reihe von Gedenkveranstaltungen gegeben, unter anderem auf dem Hauptfriedhof.

Siehe auch unsere frühere Berichterstattung in Sachen „Wartberg„.

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Protest gegen Rechtspopulisten in Esslingen

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Protest gegen Rechtspopulisten in Esslingen

Janka Kluge, VVN-BdA, spricht zu den AntifaschistInnen vor dem Esslinger Bahnhof

Von Andreas Scheffel und Alfred Denzinger – Esslingen. Gegen den Kommunal- und Europawahlkampfauftakt der baden-württembergischen AfD am Donnerstag, 28. März, in der Esslinger Osterfeldhalle formierte sich Protest. Rund 100 GegnerInnen trafen sich auf dem Bahnhofsvorplatz. Nach der Eröffnung zogen einzelne Gruppen durch die Esslinger Innenstadt und verteilten Material über die rechtspopulistische Partei mit extrem rechten Tendenzen. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit einer Hundertschaft vertreten. Die Osterfeldhalle, wo die Partei ihren Konvent abhielt, war hermetisch mit Hamburger Gitter umzäumt und von Polizeibeamten abgeschirmt.

Die AktivistInnen gingen auf dem Bahnhofsvorplatz hart mit der AfD ins Gericht. Sie sprachen von der Spendenaffäre und beschrieben die AfD als Partei, die die Gesellschaft mit populistischen und hetzerischen Äußerungen spaltet.

Rechte Verstrickungen am Pranger

Janka Kluge, Geschäftsführerin der VVN-BdA Baden-Württemberg

Janka Kluge, Geschäftsführerin der VVN-BdA Baden-Württemberg, ging in ihrer Rede auf die Problematik ein. Sie führte die Spendenaffäre der AfD rund um die Goal AG an, die für die Partei, bundesweit Wahlwerbung gemacht hatte, zur Ansprache. Kluge informierte auch über die Verstrickung eines Mitarbeiters des baden-württembergischen Verfassungsschutzes mit dem Verein „Uniter“.

Rassistisch und neoliberal

Zwei RednerInnen des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart und Region (AABS) nannten die AfD völkisch und nationalistisch. Wie kaum eine andere politische Kraft stehe sie für den gesellschaftlichen Rechtsruck. Durch rassistische Hetze, arbeitnehmerfeindliche Politik und ein rückschrittliches Frauenbild zeige die Partei ihr wahres Gesicht. Die AfD gebe nur vor, die Interessen von kleinen Leuten zu vertreten. Tatsächlich hetze sie gegen Flüchtlinge, Andersdenkende und besonders gegen Linke. Ein Blick auf andere europäische Staaten zeige jedoch, welche Folgen es habe, wenn rechte Parteien wie die AfD an die Macht kommen.

Zum Abschluss der Kundgebung monierte ein Redner die starke Polizeipräsenz rund um den Bahnhofsvorplatz. Nach seiner Meinung werde so der Eindruck einer „Gefahr“ an die Bevölkerung vermittelt.

Polizei blockiert AktivistInnen

Nach der Kundgebung formierten sich mehrere Gruppen, die einzeln in verschiedenen Richtungen einen Stadtspaziergang durch die Esslinger Innenstadt unternahmen. In Höhe eines Einkaufszentrums blockierten Polizeibeamte das weitere Vorankommen einer Aktivistengruppe. Eine rechtliche Grundlage für diese polizeiliche Maßnahme war weder erkennbar, noch konnte sie auf Nachfrage von der Polizei genannt werden.

Die AktivistInnen mussten umdrehen. Zum Verdruss der Beamten nahmen sie einen Weg durch ein Einkaufszentrum und gelangten so auf ihren geplanten Rundgang durch die Stadt. Während sie von Polizeibeamten auf kurzer Distanz verfolgt wurden, brachten die AktivistInnen mehrere Transparente, Plakate und Aufkleber gegen die AfD in der Innenstadt an. Zahlreiche Flyer wurden in Briefkästen verteilt. Offenbar war den Polizeibeamten das sehr stramme Laufen der AfD-GegnerInnen zu intensiv. Jedenfalls brachen sie ihre Verfolgung nach etwa 30 Minuten ab. Dadurch konnten die AktivistInnen unbehelligt ihre Aktion zu Ende führen.

Osterfeldhalle umzäumt mit Hamburger Gitter

Fernab der Innenstadt hatte die populistische Partei ihren Veranstaltungsort zum Kommunal- und Europawahlkampf am Rand von Esslingen auf einem Berg  gefunden. Die Polizei riegelte die Osterfeldhalle mit Hamburger Gittern ab. Der halbgefüllte Parkplatz vor der Halle signalisierte eine eher mageres Interesse an der AfD-Veranstaltung, bei der auch der Parteivorsitzende Jörg Meuthen angekündigt war.

Unnütze Diskussion ums „Recht am eigenen Bild“

Kurz vor Ende des BN-Presseeinsatzes beschwerte sich ein Polizeibeamter darüber, dass er beim Verlassen der öffentlichen Toilette von einem Foto-Journalisten fotografiert worden sei. Er begehrte Einsicht in das Fotomaterial, verlangte, dass Bilder gelöscht werden, und wollte die Personalien des Fotografen. Seine Begründung für seine Forderungen: „Recht am eigenen Bild“. Schließlich müsse er ja wissen, wen er belangen könne, sollte das Bild von ihm irgendwo veröffentlicht werden. Erst nach der freundlichen und fachkundigen Aufklärung des BN-Chefredakteurs in Sachen „Recht am eigenen Bild“ ließ er schließlich von seinem absolut rechtswidrigem Verlangen ab.

Nach geltendem Recht bestimmen JournalistInnen selbst, was sie fotografieren. Die Polizei hat kein Recht, ihr Material einzusehen. Sie hat auch kein Recht, die Löschung von Bildern zu verlangen. JournalistInnen entscheiden selbst, welche Bilder letztlich veröffentlicht werden. Sollten auf einem veröffentlichtem Bild die Persönlichkeitsrechte einer abgebildeten Person verletzt worden sein, haftet der verantwortliche Redakteur für diese etwaige Rechtsverletzung. Der Fotograf steht dabei nicht in der Haftung. Noch Fragen? Noch was unklar? Sprechen sie uns einfach an, wir stehen zu weiteren Auskünften gerne zur Verfügung.

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Der Schwur von Buchenwald gilt heute noch

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Der Schwur von Buchenwald gilt heute noch

Von Wolfgang Weichert – Stuttgart. Zum Tag der Befreiung am 8. Mai lud die VVN-BdA Stuttgart zu einer Kundgebung am Mahnmal gegen Krieg und Faschismus beim Karlsplatz in Stuttgart ein. Trotz Regens folgten dem Aufruf rund 60 Personen und gedachten der Opfer.

Auch 74 Jahre nach der Befreiung mahne dieser Tag, im Kampf gegen Nationalismus, Rassismus und Militarisierung nicht locker zu lassen, so die VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) auf ihrer Facebook-Seite. Es gelte nach wie vor der Schwur von Buchenwald: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“

Bei der Kundgebung sprachen Ilse Kestin und Janka Kluge (VVN-BdA), eine Vertreterin der Gesellschaft Kultur des Friedens, eine Vertreterin des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart und Region und Philipp Vollrath vom DGB Stuttgart. Musikalisch wurde die Kundgebung umrahmt mit Beiträgen von Werner Grimm mit Gesang und Gitarre und Johanna Tiarks (Die Linke) mit ihrer Violine.

Zum Abschluss der Kundgebung wurden am Mahnmal gegen Krieg und Faschismus zum Gedenken an die Toten ein Kranz niedergelegt und eine Schweigeminute abgehalten.

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Antifaschistischer Wahlabend in Stuttgart

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Antifaschistischer Wahlabend in Stuttgart

Lilo-Herrmann-Haus

Stuttgart-Heslach. Das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region AABS lädt für Sonntag, 26. Mai, zum gemeinsamen Wahlabend ins linke Zentrum Lilo Herrmann (Böblinger Str. 105) ein. Beginn ist um 18 Uhr.

Mit dem Verstreichen der Wahlkampfphase und des Wahltags höre das Problem der AfD und der gesellschaftliche Rechtsruck der übrigen Parteien nicht auf. Daher dürfe auch die antifaschistische Arbeit nicht stehen bleiben.

Gemeinsam sollen die aktuellen Hochrechnungen verfolgt und über die Bedeutung von Wahlen, aber auch über Aktionsideen gegen den Rechtsruck diskutiert werden. Außerdem soll es Essen und Getränke geben.

„Es ist Zeit für einen konsequenten Antifaschismus“

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„Es ist Zeit für einen konsequenten Antifaschismus“

Hamburg. Mehr als 700 AntifaschistInnen demonstrierten am Montagabend, 17. Juni, spontan im Schanzenviertel gegen rechte Gewalt. Konkreter Anlass war der mutmaßlich rechtsterroristische Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Mit Parolen und Sprechchören wie „Nazis morden, der Staat macht mit – der NSU war nicht zu dritt“ wurde zum Ausdruck gebracht, dass der Mord an Lübcke kein Einzelfall sei, sondern rechte Gewalt immer wieder verharmlost werde. Die Polizei stoppte die Demonstration.

Dazu erklärt die Aktivistin Kim Filipo: „Aus der Mordserie des NSU wurde nichts gelernt. Regelmäßig werden rechte Zellen aufgedeckt – in der Bundeswehr, beim SEK, bei der Polizei. Der große Aufschrei in den Medien und der Mehrheitsgesellschaft bleibt jedoch aus. Wir haben mit unserer spontanen Demonstration deutlich gemacht, dass es viele Menschen gibt, die dem Rechtsruck nicht länger zusehen werden“.

Auf welcher Seite steht die Polizei?

Die Demonstration sammelte sich um 20 Uhr an der Roten Flora im Schanzenviertel, um schließlich lautstark Richtung St. Pauli zu laufen.

Laut einer Pressemitteilung der Initiatoren soll die Polizei vor dem Neuen Pferdemarkt den Aufzug gestoppt haben und mit Tritten und Faustschlägen gegen DemonstrantInnen vorgegangen sein.

Dazu Filipo: „Das Vorgehen der Polizei zeigt, auf welcher Seite der Staat steht. Eine antifaschistische Demonstration wird mit einem Großaufgebot eingehegt und angegriffen, während Nazis wie zum Beispiel in Chemnitz unter staatlicher Aufsicht auf Menschenjagd gehen dürfen“. Das eigentliche Ziel der Demonstration habe dadurch nicht erreicht werden können: Die Kreuzung Clemens-Schulz-Straße/Detlev-Bremer-Straße, an der sich die Dichterin Semra Ertan 1982 aus Protest gegen Rassismus selbst verbrannt hatte. „Wir wollten unsere Demonstration mit einer Kundgebung zu Ehren von Ertan beenden, was von der Polizei gewaltsam verhindert wurde. Unsere Demonstration war allen Opfer rechter und rassistischer Gewalt und damit auch Walter Lübcke gewidmet. Der Mord an ihm fand in einem Klima statt, das geprägt ist von Hetze gegen Geflüchtete und MigrantInnen. Rechte GewalttäterInnen fühlen sich dadurch in ihrem Tun bestätigt. Keineswegs ist nur die AfD für dieses Klima verantwortlich – auch Horst Seehofer und die CDU beteiligen sich am Rechtsruck“, so Filipo.

Die OrganisatorInnen der Demonstration, deren erwartete TeilnehmerInnenzahl von 150-300 Menschen um Längen übertroffen wurde, ziehen eine positive Bilanz: „Wir werden weitermachen mit unserem Protest. Der Mord an Lübcke muss schonungslos aufgeklärt werden. Es ist Zeit für einen konsequenten Antifaschismus“.

Alle Fotos: Antifaschistische Gruppen Hamburg

Kundgebung gegen rechten Terror in Stuttgart

Ein Stuttgarter Bündnis will ebenfalls gegen den rechten Terror protestieren. Es ruft ruft für Mittwoch, 19. Juni, 17 Uhr, zu einer spontanen Kundgebung auf dem Marienplatz in Stuttgart auf. Man wolle aufzuzeigen, „dass Morde, wie der an Lübcke oder den Opfern des „NSU“ uns alle etwas angehen und wir die Verstrickungen klar und deutlich aufdecken müssen“.

Quelle: AABS

 

Kampf gegen Rechts ist lebendige Erinnerung

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Kampf gegen Rechts ist lebendige Erinnerung

Von Sahra Barkini – Stuttgart. Am Morgen des 20. Juni 1938 wurde die junge Kommunistin und Mutter Liselotte (Lilo) Herrmann von Nazis ermordet. 81 Jahre später versammelten sich 80 AntifaschistInnen am Gedenkstein für Lilo Herrmann bei der Stuttgarter Universität. Bei der von der VVN-BdA und dem Linken Zentrum Lilo Herrmann organisierten Gedenkveranstaltung wurde an das Leben und Wirken der jungen Widerstandskämpferin erinnert.

Für die musikalische Untermalung sorgte der Freie ArbeiterInnen Chor Heslach. Mit zwei Liedern aus seinem Repertoire – „Bella Ciao“ und „Bread and Roses“ – trug er zu einer würdigen Umrahmung der Kundgebung am Fronleichnamstag bei. Zu Ehren Lilo Herrmanns und weiterer ermordeter AntifaschistInnen legten die TeilnehmerInnen Nelken und Kerzen sowie einen Kranz am Grabstein nieder.

Als junge Mutter gegen die Nazis

Lilo Herrmann wurde 1909 in Berlin geboren und war später Studentin an der Technischen Hochschule Stuttgart. Sie kämpfte als junge Mutter gegen die Nazis und wurde aufgrund ihres Engagements im Dezember 1935 verhaftet. Der “Volksgerichtshof” verurteilte sie 1937 zum Tod. Sie wurde kurz vor ihrem 30. Geburtstag zusammen mit Stefan Lovász, Josef Steidle und Artur Göritz in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Lilo Herrmann wuchs in einem bürgerlichen Elternhaus auf. Ihr Vater war Ingenieur. Sie wurde in Frankfurt politisiert und schloss sich in Wilmersdorf dem Sozialistischen Schülerbund an.Von 1929 bis 1931 studierte sie an der TH Stuttgart Chemie. Gleichzeitig setzte sie ihre politische Arbeit fort. 1930 wurde sie wegen Verteilens eines Flugblatts zu einer Geldstrafe verurteilt.

Sie schwieg selbst unter der Folter

Später zog Lilo Herrmann wieder nach Berlin, brach ihr Chemie Studium ab und studierte Biologie. Am 15. Mai 1934 brachte sie ihren Sohn Walter zur Welt. Er wuchs bei seinen Großeltern auf. Lilo Herrmann verriet auch unter Folter in der Gefangenschaft nie die Namen ihrer GenossInnen. Trotz einer Protestkampagne gegen das Todesurteil starb Liselotte Herrmann als erste deutsche Mutter am 20. Juni 1938 unter dem Fallbeil in Plötzensee.

Die RednerInnen erwähnten auch, dass es vor zehn Jahren die richtige Entscheidung gewesen sei, das „Gelbe Haus“, so der Heslacher Volksmund, nach der Stuttgarter Widerstandskämpferin „Linkes Zentrum Lilo Herrmann“ zu nennen. Sie fragten sich, was Lilo Herrmann wohl dazu sagen würde, wenn sie wüsste, dass es in Stuttgart ein Haus gibt, das ihren Namen trägt.

Entschlossen gegen Hass und Hetze

Janka Kluge, VVN-BdA

Alle RednerInnen waren sich einig, dass Gedenk- und Erinnerungskultur ein wichtiger Bestandteil antifaschistischer Arbeit sei – allerdings nicht als Selbstzweck, sondern in Bezug zur heutigen Situation: als Aufforderung, vergangene Kämpfe fortzuführen. Die lebendigste und würdigste Erinnerung an Lilo Herrmann bleibe die alltägliche antifaschistische Arbeit.

Mit Blick auf die Frauenstreik-Demonstrationen am 14. Juni in der Schweiz sagte eine Rednerin, die vielen TeilnehmerInnen in den Schweizer Städten hätten gezeigt, was Frauen bewirken können. Vor dem Hintergrund der rechten Umtriebe der vergangenen Jahre und auch des Mordes an dem Kasseler CDU-Politiker Walter Lübcke werde deutlich, dass antifaschistischer Widerstand noch immer wichtig sei und sich die Gesellschaft entschlossen gegen Hass und Hetze stellen müsse.

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Spontan gegen den Naziterror

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Spontan gegen den Naziterror

Stuttgart. Nach dem Mord an Walter Lübcke (CDU) folgten rund 60 Menschen am Mittwoch, 19. Juni, einem spontanen Aufruf des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart und Region (AABS). Sie versammelten sich auf dem Marienplatz. Die AktivistInnen wandten sich in Redebeiträgen und mit einem kleinen Straßentheater gegen den Naziterror und seine staatlichen Helfer.

Janka Kluge von der VVN-BdA und Redner der Informationsstelle Militarisierung (IMI) und des AABS beleuchteten verschiedene Facetten der staatlichen Verflechtungen mit der rechtsterroristischen Szene. Sie thematisierten Verstrickungen des NSU, des NSU 2.0 in der Frankfurter Polizei und des rechten Prepper-Netzwerks „Uniter“ mit Mitgliedern der Bundeswehr, der Polizei und des Verfassungsschutzes (siehe auch „Rechtes Netzwerk in Polizei, Bundeswehr und Geheimdiensten„).

In einer Performance wurden das vermutete Verhältnis von Staat und Neonazis mit kleinen Aktionen dargestellt. So bekam ein Neonazi von Verfassungsschutz und Polizei Geld, Pässe und Waffen. Mit geworfenen Wattebällchen wurde die Verfolgung der Nazis durch die Deutschen Behörden symbolisch dargestellt.

Videos/Audios

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Der AABS-Redebeitrag im Wortlaut:

„Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,
liebe Passantinnen und Passanten,

der neuste faschistische Terror, der mit dem Tod endete, spielte sich vor zwei Wochen in Hessen ab. Der CDU-Politiker Walter Lübke wird von dem Nazi Stephan E. mit einem Kopfschuss auf der Terrasse seines Hauses hingerichtet. Dass die hessische Polizei erstmal nicht von faschistischem Terror spricht, ist kein Wunder, wenn man in die kürzere Vergangenheit blickt: Die hessische Polizei steckt tief in Verstrickungen mit Nazis und hat ein Problem mit rechter Gewalt in eigenen Reihen.

Ist unser Nachbarbundesland etwa ein Einzelfall? Keinesfalls, etliche vergangene Beispiele zeigen, dass Staat und Nazis sich gerne die Hand geben. Immer wieder zeigt sich ein Bild des Verfassungsschutzes mit verbundenem rechten Auge. Dass der Staat den Feind auf linker Seite sieht und bekämpft, merkt man schnell, wenn man auf linke Proteste geht: Den Nazis wird die Straße freigeprügelt. Erst im Mai hat die faschistische Kleinstpartei „Die Rechte“ in Pforzheim demonstriert. Hier wurde die ganze Stadt mit Gittern abgeriegelt und zu einer Polizeifestung umgestaltet. Dieses riesige Aufgebot wurde für die 200 Nazis veranstaltet, während mehrere hundert Menschen dagegen protestierten und teilweise von Polizeigewalt betroffen waren. Dieses Beispiel von polizeilicher Taktik gegen bzw. für Nazis ist nur eines von vielen, das die aktuelle Haltung von Staat gegenüber Nazis und Faschisten aufzeigt.

Diese Haltung verwundert kaum, blickt man in die Geschichte der BRD. Nach der Befreiung vom Faschismus gab es keine großartigen Veränderungen in den personellen Besetzungen der wichtigen Posten in Westdeutschland. Nazis, die vor 1945 in Machtpositionen waren, waren nach 45 wieder auf solchen Posten. Auch die Geschichte des Verfassungsschutzes ist ein reiner Skandal rechter Verstrickungen, Unterstzützungsaktionen und eigenen rechten Aktivitäten. Egal ob die Gründung des Verfassungsschutzes betrachtet wird, bei der ehemalige NSDAP-Mitglieder die Leitung übernahmen, oder die Verstrickungen in den NSU, der zwölf Jahre in Deutschland mordete und faschistische Anschläge verübte.

Historisch und aktuell zeigt sich ein klares Bild: Ein Staat, der Nazis und Faschisten bekämpft, sieht anders aus. Ein Interesse an konsequentem Antifaschismus hat der Staat nicht, bei oberflächlichen Aktionen gegen rechte Strukturen bleibt er stehen. Wenn faschistischer Terror an die Öffentlichkeit gerät, gibt es zwar einen Aufschrei, aber keine Reaktion, die tatsächlich etwas ändert.

Wer erwartet, dass staatliche Strukturen etwas gegen Nazis und Faschisten tun, wird immer wieder aufs Neue enttäuscht. Wer wirklich etwas gegen Nazis und Faschisten tun will, muss selbst aktiv werden, sich mit anderen zusammentun und den politischen Kampf überall da führen, wo sie auftreten – auf der Straße, in den Parlamenten, im Betrieb oder in der Schule! Rechter Terror kann nur gedeihen in einer Gesellschaft, in welcher der eine mehr wert ist  als der andere, in einer Gesellschaft, in der es immer normaler wird, dass gefordert wird, Menschen im Mittelmeer ersaufen zu lassen.

Daher liegt es an uns – an dir und mir! –,  schon im Kleinen konsequent gegen dieses rechte Klima vorzugehen. Doch das reicht uns nicht. Wir wollen nicht nur, dass alles bleibt, wie es ist, nur ein bisschen weniger rechts – nein. Wir alle sollten stets für mehr einstehen: solidarische Gesellschaft ohne Ausbeutung, ohne Unterdrückung des Menschen durch den Menschen und ohne einen Staat,der diese unmenschlichen Verhältnisse zementiert!

Es gibt viele Möglichkeiten sich in diese Richtung zu engagieren und zu organisieren. Hier in Stuttgart machen wir das im Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart und Region, in dem Proteste und Aktionen gegen Nazis geplant werden oder in anderen offenen Treffen im Linken Zentrum Lilo Herrmann in der Böblinger Straße 105. Für alle, die auch die Schnauze voll haben und nicht mehr länger zuschauen wollen, wie alles schlimmer wird: Kommt vorbei, bringt euch ein! Staat und Nazis Hand in Hand – organisiert den Widerstand.“

Hohe Strafe für Böller und Widerstand

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Hohe Strafe für Böller und Widerstand

Kundgebung vor dem Landauer Amtsgericht

Von Lotta Thalmann – Landau. Ein Antifaschist aus Stuttgart wurde am Freitag, 12. Juli, in Landau zu einer Geldstrafe von 4500 Euro (180 Tagessätzen zu je 25 Euro) plus Verfahrenskosten verurteilt. Laut Anklage hatte er bei der Demonstration „Gegen Rechts“ in der Kleinstadt Kandel am 24. März 2018 (wir berichteten) Böller geworfen. Weitere Anklagepunkte waren schwerer Landfriedensbruch wegen eines Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung gegen Vollstreckungsbeamte und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz durch Vermummung.

Der Oberstaatsanwalt hatte eine Freiheitsstrafe von 16 Monaten ohne Bewährung gefordert. Das Gericht folgte ihm jedoch nicht allen Punkten. Vor der Verhandlung gab es vor dem Amtsgericht eine Kundgebung. 30 Menschen, die das überregionale Kampagnen Bündnis „Niemand bleibt im Regen steh’n!“ unterstützen, hatten sich aus Solidarität bereits um 8 Uhr vor dem Gebäude versammelt.

Rechter „Führer“ Marco Kurz – Archivbild

In Redebeiträgen wurde über die Entwicklung in Kandel und Landau informiert. Seit anderthalb Jahren marschieren dort Rechte bis hin zu Hardcore-Nazis auf. Der Anführer des faschistischen „FrauenBündnis Kandel“ Marco Kurz ist mittlerweile gezwungenermaßen mit seinen Versammlungen von Kandel nach Landau ausgewichen. Mit vielfältigen Aktionen wurde gegen das „Frauenbündnis“ protestiert. Es wurde versucht, Neonaziaufmärsche zu stören und zu verhindern. Es wurde auch angekündigt, dass das so bleibt.

Der Staats- und Polizeiapparat versuchte zum Teil gewaltsam, antifaschistischen Widerstand zu verhindern, und verfolgte ihn repressiv. „Stellvertretend für uns alle werden nun einzelne angeklagt und verurteilt. Wichtig ist, dass wir uns von diesen Einschüchterungsversuchen nicht abschrecken lassen“, hieß es bei der Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude.

„Unverhältnismäßige Schikane“

Beim Betreten des Gerichtsgebäudes wurden die KundgebungsteilnehmerInnen während der nächsten Stunden mehrmals der Durchleuchtung mit einem Ganzkörperscanner, einem Handscanner, Metalldetektoren, Leibesvisitationen, der manuellen Durchsuchung und Durchleuchtung von Taschen und Ausweiskontrollen unterzogen.

Zudem wurden Getränke, Handys, Medikamente oder sonstige belanglose Dinge konfisziert.
Diese Prozedur dauerte jedes mal etwa eine dreiviertel Stunde. Von Betroffenen wurde diese „Akribie“ als Willkür und reine Schikane gegen alles Linke“ interpretiert. Ein Schlusssatz des Richters bekräftigte den Eindruck der Vorverurteilung alles Linken: „Ich habe es mir schlimmer mit ihnen vorgestellt.“

Es gab nur 14 freie Plätze im Gerichtssaal, da drei Stühle für die komplette Verhandlungsdauer von Polizeibeamten besetzt waren.
Diese machten während der Verhandlung – wenn auch leise – Bemerkungen oder lachten auf.

Solidarisch tauschten die ProzessbeobachterInnen in Abständen die Plätze mit den draußen Wartenden. Da bedeutete jedoch jedes Mal erneute Untersuchungen.

Aussagen wirken abgesprochen

Polizei wurde am 24. März 2018 handgreiflich – Archivbild

Der Angeklagte machte nur Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen und las eine politische Erklärung vor (siehe unten). Insgesamt wurden sieben PolizistInnen als Zeugen vernommen, fast alle von der BFE (Beweissicherungs- und Festnahme-Einheit) Bruchsal. Zuhörern drängte sich der Eindruck auf, dass sich wohl alle Beamte im Vorfeld über die Abfolge des Geschehens am 24. März 2018 abgesprochen hatten. Zu offensichtlich schloss sich eine Zeugenaussage an die nächste nahtlos an.

Nicht ganz nach vollziehbar waren die Aussagen über verschiedene Taschen, Rucksack, Jutebeutel und/oder Plastiktüten, die bei der Demonstration auf der Straße gefunden wurden. Einmal hieß es, das Beweismaterial habe auf der Straße gelegen, ein anderes Mal, es habe sich direkt neben dem Angeklagten befunden.

Polizist klagt über anhaltende Schmerzen

Da kann man sich schon mal wehtun?! – Archivbild vom 24. März in Kandel

Die sicher gestellten Böller und drei Rauchfackeln wurden zur Klassifizierung ans LKA geschickt. Zum Beispiel sind so genannte Polenböller verboten, sie gelten aber nur als Ordnungswidrigkeit. Böller, die nicht zuzuordnen sind, fallen automatisch unter das Sprengstoffgesetz.

Ein Polizist, der sich beim unvermittelten Zugriff auf den Angeklagten an den Fingern wehgetan hatte, beklagte Schmerzen über zwei Tage hinweg, konsultierte aber nicht den medizinischen Dienst. Gleichzeitig gab ein Kollege an, dass der Angeklagte zwar „Widerstand“ bei der Festnahme leistete, aber nicht körperlich gegen die Beamten agiert habe. Der Angeklagte war nach dem Zugriff verletzt. Er blutete am Knie und im Mund.

Oberstaatsanwalt will Exempel statuieren

Zur Beweislage wurde ein Polizeivideo gezeigt, welches aber auch mit deutlich die Gewalt der BFE gegen den Gegenprotest zeigte – unter anderem den direkten Faustschlag ins Gesicht einer friedlich demonstrierenden Person.

Der Oberstaatsanwalt erklärte, er wolle mit der Haftstrafe ein Exempel statuieren um vor weiteren Aktionen abzuschrecken. Das Gericht stellte jedoch in seiner Urteilsbegründung heraus, dass es keine Verletzung des Polizisten gab, keine Körperverletzung durch Böller, da sie nicht in eine Menge geworfen wurden, und auch keine Verurteilung nach dem Sprengstoffgesetz. Es sei nicht bekannt, welche Böller der Angeklagte geworfen habe. Auch habe es keinen Nachweis gegeben, ob Böller unter das Sprengstoffgesetz fielen.

Richter belehrt die Versammelten

Bewiesen sei indes der Landfriedensbruch, da er einen Böller geworfen habe, und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Wenn die Polizei kommt, müsse man sich sofort festnehmen lassen, erklärte der Richter, und dürfe keinerlei Widerstand leisten. Wenn man aber gepackt werde, sei eine gewisse Abwehr eine normale Reaktion. Erwiesen sei auch ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, da Vermummung verboten sei.

Der Richter appellierte zudem an die Versammelten, ohne Gewalt zu demonstrieren. Er führte ein Beispiel aus Stuttgart an, wo ein Neonazi verfolgt und geschlagen worden sei. In Kandel müsse man die Kirche im Dorf lassen. Der Richter vergaß auch nicht, die Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg zu erwähnen.

Nach der Urteilsverkündung wurde noch im Gerichtssaal ein Transparent hochgehalten mit der Botschaft: „Auf der Straße und vor Gericht. Niemand bleibt im Regen stehen. Gegen Nazis und Repression!“

Ausschnitt aus unserem Video vom 24. März 2018:

Die Prozesserklärung des angeklagten Antifaschisten im Wortlaut:

„Auf den Straßen organisieren sich faschistische Gruppen „Die Rechte“, „Dritter Weg“ oder auch die „Identitäre Bewegung“ und versuchen, den öffentlichen Raum für sich einzunehmen. Auch die bürgerlichen Parteien tragen das Ihre zum Rechtsruck bei und liefern die geforderten Verschärfungen – zum Beispiel in der Asylfrage oder in Form verschärfter Polizeigesetze in den Bundesländern. Es würde den Rahmen sprengen, hier tiefer auf die Hintergründe dieser Entwicklungen einzugehen, dennoch ist es wichtig eines zu erwähnen: Es ist nicht so, dass immer mehr Menschen sich aus reiner Experimentierfreudigkeit oder der überzeugenden Argumente wegen den Rechten anschließen – vielmehr zeigt sich aktuell zum wiederholten Mal, wie wirtschaftliche Krisenzeiten im Kapitalismus ihre eigenen autoritären, rückschrittlichen und chauvinistischen Antworten erzeugen. Diese Antworten in Form von politischen Bewegungen und ihre gut situierten Unterstützerkreisen sind vor allem zweierlei: staatstragend und systemerhaltend.

Wohin eine von Faschisten und Rechten getragene Dynamik führen kann, wenn sie nicht von Anfang an konsequent bekämpft wird, hat sich in Chemnitz gezeigt. Am 26. August 2018 gab es in Chemnitz progromartige Ausschreitungen. Ausgehend von einem Mord an einem 35-jährigen Mann auf einem Stadtfest, mobilisieren AfD und Nazihools zu Kundgebungen und Demonstrationen. Worin diese Demonstrationen endeten, dürfte wohl jedem hier bekannt sein. Es kam zu Hetzjagden auf Geflüchtete und nicht-weiße Menschen. In den folgenden Tagen mobilisierten die Rechten und Faschisten zu weiteren Demonstrationen, immer begleitet von Gewalt gegen Geflüchtete, JournalistInnen oder Linke.

Eine solche Dynamik sollte sich, wenn es nach den Rechten gegangen wäre, auch in Kandel entfalten. Und die Gefahr war real! Angeführt von der AfD-Landtagsabgeordneten Christina Baum zogen mehrere tausend Rechte – von NPD und Identitären, über Nazihools und Reichsbürger bis hin zu AfD – durch Kandel. Die Rechten sahen sich in einer Position der Stärke, Kandel sollte an die rassistischen Mobilisierungen in Bautzen und in Heidenau anknüpfen und auch im Westen ein Zeichen der Stärke setzen. Aus ganz Baden-Württemberg sind die Faschisten und andere Rechte nach Kandel gereist, die AfD hatte sogar eigens Busse organisiert, um ihre Anhängerschaft zu mobilisieren. Wohin dieses Gefühl der Stärke führt, zeigte sich prompt. Bei den ersten Demonstrationen kam es zu Angriffen auf den zahlenmäßigen schwach aufgestellten Gegenprotest.

Die Demos in Kandel haben wieder einmal gezeigt, dass es keinen Grund gibt, sich im Kampf gegen Rechte und Faschisten auf den Staat und seine Institutionen zu verlassen. Es gibt weder den politischen Willen, faschistische Strukturen zu zerschlagen, noch wäre dies überhaupt von einer Polizei zu erwarten, die nicht zufällig Rekrutierungsort für diverse rechte Netzwerke ist.

Eine bewaffnete staatliche Einrichtung, in der Gewaltausübung und Einschüchterungen gegen fortschrittliche Bewegungen regelmäßige Praxis sind, in der Korpsgeist und Befehlsketten das kollektive Handeln bestimmen, ist nun einmal ein fruchtbarer Schoß für den braunen Sumpf. Nordkreuz, Hannibal, NSU 2.0 – Schlagworte für das Zusammenspiel von sogenannten „Sicherheitsorganen“ und Rechtsterrorismus. Und das sind nur die zufällig bekannt gewordenen Beispiele aus jüngerer Vergangenheit.

Zurück nach Kandel: Wenn der Polizeiapparat auf hochgefährliche rechte Mobilisierungen mit militärisch organisiertem Schutz und der Abschottung der notwendigen Proteste antwortet, dann ist es richtig, diese Übermacht zu durchbrechen – wenn auch nur punktuell und für kurze Momente. Das Ziel ist eine starke gesellschaftliche Front, die die Rechten selbstbestimmt zurückdrängt. Jeder Ansatz, der die Ohnmacht durchbricht und aufzeigt, dass wir nicht dazu verdammt sind, politischen Rechtstrends und staatlicher Übermacht tatenlos zu begegnen, ist ein legitimer Beitrag dazu. Das gesellschaftliche Problem ist nicht Gewalt gegen Rechts, sondern rechte Gewalt! Während hier über einen Böller diskutiert wird, hallt der tödliche Schuss auf Walter Lübcke noch nach.

In diesem Prozess werde ich als Teil der antifaschistischen Bewegungen auf die Anklagebank gezwungen. Doch eigentlich sind es ganz andere, die zur Verantwortung gezogen werden sollten – für die Aufhetzung der Bevölkerung gegen Minderheiten und sozial Schwache, für das Schüren von Ängsten und Unsicherheiten in den weniger privilegierten Teilen der Bevölkerung, um zu spalten und die eigentlichen sozialen Probleme zu verschleiern.

Den Kampf gegen Rechts begreife ich als einen Teil der Bemühungen um eine solidarische Welt, eine Welt, in der der Großteil der Menschen nicht mehr in die Abhängigkeit von wenigen Besitzenden in die Zwänge von Profit- und Verwertungslogik gepresst werden. Egal was in diesem Prozess heute auch entschieden wird – diese Bemühungen sind mehr wert als jedes Amtsgerichts-Urteil und vor allem sind sie es wert, mit einem optimistischen Blick in die Zukunft weiter zu machen!

Weitere Bilder vom 12. Juli

Ein Festival gegen den Rechtsruck

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Ein Festival gegen den Rechtsruck

Von Sahra Barkini – Stuttgart. „Faschismus im Alltag“ war Thema des 40. Umsonst & Draußen (UD) vom 2. bis zum 4. August auf der Uniwiese am Pfaffenwald in Vaihingen. Das UD hat also nun das „Schwabenalter“ erreicht. Wie jedes Jahr gab es neben guter Musik, leckerem Essen und Getränken zu erschwinglichen Preisen Infostände und im Forum spannende und informative Vorträge.

Es gab auch Vorträge, unter anderem von Janka Kluge (VVN-BdA)  und von zwei AktivistInnen des AABS (des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart und Region).

Der AABS-Vortrag am Samstagnachmittag befasste sich mit dem Thema „Aktiv werden gegen den Rechtsruck“. Im Ankündigungstext hieß es dazu: Geflüchtetenunterkünfte gehen in Flammen auf, die faschistische Straßengewalt nimmt zu und in Teilen der Parlamente wird wieder vom 1000 jährigen Reich geträumt. Die Gesellschaft rückt unübersehbar nach rechts. Diese Entwicklung macht auch vor dem Südwesten keinen Halt. In Stuttgart hat die AfD den Wiedereinzug in den Gemeinderat geschafft und auch hier treten Rechte immer selbstbewusster in der Öffentlichkeit auf und nehmen auf gesellschaftliche Entwicklungen Einfluss.“

Die beiden AktivistInnen stellten vor etwa 25 ZuhörerInnen das AABS vor und erklärten, womit es sich beschäftigt. So findet jeden ersten Donnerstag im Monat um 19 Uhr ein offenes antifaschistisches Treffen im Lilo (Linkes Zentrum Lilo Herrmann, Böblinger Straße 105) statt. Das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart & Region ist ein Bündnis verschiedener Gruppen und Einzelpersonen, an dem sich alle beteiligen können, die gegen Faschismus, Rassismus und Rechtspopulismus aktiv werden wollen. Gemeinsam werden Aktionen organisiert, um dem gesellschaftlichen Rechtsruck den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Protest gegen die „Demo für alle“ in Stuttgart – Archivbild

Rechte Denkmuster finden sich aber nicht nur am ganz rechten Rand, sondern sind längst breit und in der Mitte der Gesellschaft angekommen und dort fest verankert. Dagegen wehren sich die AktivistInnen. Sie kämpfen für eine bessere und solidarischere Gesellschaft. Zu den Aktivitäten gehört der Protest gegen rechte Umtriebe, etwa Veranstaltungen von Neonazis und der AfD oder der „Demo für Alle“ gegen gesellschaftliche Vielfalt. Sie spielt momentan in Stuttgart aber keine große Rolle mehr.

Vor der letzten Bundestagswahl veranstaltete das AABS gemeinsam mit weiteren BündnispartnerInnen die Großdemo „Nein zur AfD“ (wir berichteten). Daneben werden eigene Veranstaltungen organisiert. Es gibt eine monatliche Antifa-Kneipe jeden zweiten Freitag im Monat im Linken Zentrum Lilo Herrmann. Außerdem organisiert das AABS politische Kampagnen. Im Anschluss an die Vorstellung des AABS gab es noch die Möglichkeit zu Diskussion und Erfahrungsaustausch.

Video

Weitere Bilder des Tages


Angeblich einen Polizisten angegriffen

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Angeblich einen Polizisten angegriffen

Stuttgart am 29. August 2018: Wer griff hier wen an?

Stuttgart. Vor dem Stuttgarter Amtsgericht musste sich ein Stuttgarter verantworten, der wegen einer Solidaritätskundgebung zu Chemnitz am 29. August 2018 am Stuttgarter Marienplatz angeklagt wurde. Vorgeworfen wurde ihm, einen Polizisten tätlich angegriffen zu haben. Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich darauf, das Verfahren nach §153a gegen eine Geldstrafe von 800 Euro einzustellen.

Am 26. und 27. August 2018 gab es in Chemnitz pogromartige Ausschreitungen von Neonazis. Es gab mehrere Jagdszenen auf MigrantInnen und Linke. Als Zeichen der Solidarität mit den Verfolgten gab es in Stuttgart eine spontane Kundgebung mit anschließender Spontandemonstration. An der Solidaritätskundgebung unter dem Motto „Dem rechten Mob keinen Meter“ auf dem Stuttgarter Marienplatz beteiligten sich etwa 300 Menschen, an der anschließenden Spontandemonstration durch die Tübinger Straße in Richtung Rotebühlplatz etwa 150.

Symbolbild

Während dieser Demonstration schritt die Polizei mehrfach ein (siehe „Polizei stoppt Spontandemo„). Dem Angeklagten wurde nun vorgeworfen, einen Polizisten „tätlich angegriffen“ zu haben, indem er sich nach einem Schlag des Polizeibeamten an dessen Arm festgehalten habe.

Zum Auftakt des Prozesses versammelten sich vor dem Stuttgarter Amtsgericht rund 25 AntifaschistInnen, um den Prozess zu begleiten und sich solidarisch mit dem Angeklagten zu zeigen. Es gab massive Vorkontrollen mit Metallscanner und der Durchsuchung von Taschen.

Nach der Verlesung der Anklageschrift gab es einige technische  Schwierigkeiten bei dem Versuch, die Beweisvideos einzusehen. Dann wurde der laut Anklageschrift geschädigte Polizist befragt. Er versuchte zunächst, sein eigenes Protokoll vorzulesen. Das unterband der Verteidiger jedoch. Nach gezielten Fragen stellte sich heraus, dass der Polizist nicht wusste, warum er die Demonstranten aufhalten sollte. Die Verteidigung fragte nach, ob es überhaupt nötig sei, diesen Prozess weiterzuführen. Schließlich einigten sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf eine Einstellung nach §153a und eine Geldstrafe von 800 Euro als Auflage.

Zuletzt richtete die Richterin mahnende Worte an den Angeklagten. Er solle sich in Zukunft zusammenreißen, da er bereits eine Bewährungsstrafe erhalten habe und es beim nächsten Mal „nicht so glimpflich“ ausgehen werde. Sie sprach auch von der „armen Polizei“, welche nur ihren Job mache und daher niemals als Zielscheibe dienen dürfe.

Hier sieht man die „arme Polizei“ beim Einsatz am 29. August 2018

„Ob Ost, ob West, nieder mit der Nazipest“

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„Ob Ost, ob West, nieder mit der Nazipest“

Demozug durch die Stuttgarter Innenstadt

Von Sahra Barkini – Stuttgart. Auf dem Stuttgarter Rotebühlplatz versammelten sich am Mittwoch, 4. September, rund 200 Menschen. Anlass waren die Ergebnisse der Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen in Bezug auf das Erstarken der rechten Parteien. Das Bündnis „Stuttgart gegen Rechts“ organisierte diese Solidaritätskundgebung mit anschließender Demonstration zum Marienplatz. Die anwesenden TeilnehmerInnen wollten ihre Solidarität mit den AntifaschistInnen in Sachsen und Brandenburg ausdrücken und so zeigen, dass diese nicht alleine sind.

Redebeträge kamen von Janka Kluge von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), Luigi Pantisano, Stadtrat (früher SÖS/LinkePlus, jetzt bei Die FrAKTION) und von einem Vertreter des AABS (Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart und Region).

Polizei war übereifrig im Dienst

Bernd Höcke mit ausgestrecktem Arm – ein Fall für den Staatsanwalt?

An einer vom AABS aufgestellten Installation nahm die Stuttgarter Polizei anstoß. Auf der Installation ist ein Foto von Bernd Höcke (AfD) mit ausgestrecktem Arm zu sehen. Laut Angaben der Polizisten vor Ort soll nun diese Installation der Staatsanwaltschaft zur Prüfung vorgelegt werden. Das Bündnis schrieb dazu auf Facebook:

„Die Ausplünderung der DDR, Sachsens Rechts-CDU, rassistische Pogrome und die Wahlerfolge der AfD. All das hängt zusammen. Mit einer Installation auf unserer gestrigen Kundgebung hat das Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart und Region auf diese Zusammenhänge hingewiesen. Die Stuttgarter Polizei, die mit einer Hundertschaft und Kamerawagen unsere Kundgebung „bewachte“, lässt nun die Staatsanwaltschaft die Strafbarkeit der Installation prüfen – wegen eines Fotos von Höcke, für das er selbst illustrer Weise nicht verurteilt wurde.

Wir sehen den Vorstoß der Polizei gelassen, vielmehr fühlen wir uns an den 2007 gescheiterten Versuch der Stuttgarter Staatsanwaltschaft erinnert, das Verwenden eines durchgestrichenen Hakenkreuzes zu kriminalisieren. Bleibt die Erkenntnis: Nazis stoppen? Können wir nur selber machen!“

Zusammenhalten gegen den gemeinsamen Feind

Janka Kluge, VVN-BdA

Janka Kluge vom VVN-BdA ging bei ihrer Rede auf die Wahlergebnisse im Osten ein, wies aber auch darauf hin, dass dies nicht alleine ein ostdeutsches Phänomen sei. So habe die AfD in Baden-Württemberg 15 % erzielt. Desweiteren legte sie ein Augenmerk auf den hohen Anteil an JungwählerInnen, die in Brandenburg und Sachsen ihr Kreuz bei der AfD machten. Ein großes Problem sei die Schwäche der Antifaschistischen Bewegung und der Linken. Kluge berichtete, als sie Mitglied im VVN-BdA wurde, habe sie noch das Glück gehabt, alte AntifaschistInnen und überlebende der Konzentrationslager kennen lernen zu dürfen. Einer dieser Menschen sei Alfred Hausser gewesen. Dieser habe ihr in Gesprächen immer wieder gesagt, dass die nachfolgenden Generationen nicht die selben Fehler wie die Menschen zwischen 1931 und 1933 machen dürften. Sich gegenseitig bekämpfen sei der falsche Weg, man dürfe nicht die Kraft für den Kampf untereinander verschwenden, sondern müsse zusammenhalten gegen den gemeinsamen Feind.

Kluge erzählte weiter, die Stuttgarter Kommunistin und Antifaschistin  Gretel Weber habe auf ihrem Sterbebett gesagt: „Hört nicht auf zu kämpfen“. Zum Abschluss ihrer Rede sagte Kluge: „Wenn uns die Freiheit, das Leben, die Liebe, die Menschen wichtig sind, egal wie sie aussehen, egal welche Hautfarbe, egal welcher Nation, egal welcher Religion, dann müssen wir die Freiheit verteidigen und das geht nur gemeinsam“.

Vom netten Onkel – oder besser gesagt vom netten Opa

Der zweite Redner war der Stadtrat Luigi Pantisano. Er setzte sich damit auseinander, was man gegen die AfD tun kann und ließ seine Erfahrungen als Stadtrat mit einfließen. In der letzten Wahlperiode wären er und seine StadtratskollegInnen nicht nur mit der AfD, sondern auch mit der Abspaltung BZS 23 (Bündnis Zukunft Stuttgart 23) konfrontiert gewesen. Bei der Gemeinderatswahl im vergangenen Mai schaffte die AfD mit 6% der Stimmen den Wiedereinzug ins Rathaus. Die Abspaltung des BZS23 (Heinrich Fiechtner und Bernd Klingler) von der AfD bezeichnete Pantisano als Lichtblick. Sie verpassten den Einzug ins Rathaus. Pantisano weiter: „In Stuttgart ist die AfD Fraktion einerseits auseinander gefallen, weil sie sich zerstritten hatten, aber auch weil wir uns ihnen konsequent auf der Strasse entgegen gestellt haben“.

Luigi Pantisano, FrAKTION-Stadtrat

Den Neu- und AltstadträtInnen gab Pantisano dann noch einige Tipps für den Umgang mit der AfD auf den Weg: „Wenn dich Stadträte der AfD nett anlächeln, darfst Du nie vergessen, dass hinter der Fassade vom netten Onkel – oder besser gesagt vom netten Opa – ein gefährlicher Rassist steckt. Das Problem ist, dass sie einen ziemlich oft anlächeln und versuchen Dich in Gespräche zu verwickeln, wenn Du ihnen nicht von Beginn an deutlich zeigst, was Du von Ihnen hältst, dann hören Sie nicht damit auf“. Ein weiterer Tipp war: „Verweigere Ihnen immer den Handschlag, denn sonst beißt der gefährliche Rassist Dir bei der erstbesten Gelegenheit in die Hand“. Und weiter führte Pantisano aus: „Mit den Stimmen der AfD darfst Du niemals Politik betreiben, sonst machst Du Dich mitschuldig an Ihrer rassistischen Politik“. Zum Abschluss seiner Rede sagte er: „Sei konsequent antifaschistisch und geh auf die Straße gegen die AfD. Wir haben keine Zeit mehr. Den Anfang abzuwehren haben wir schon verpasst. In Deutschland darf nie wieder geschehen, was die Welt vor 80 Jahren ins Verderben gestürzt hat“.

Wahlergebnisse zwar schockierend, aber nicht überraschend

Ein Vertreter des AABS erklärte warum die Wahlergebnisse aus Sachsen und Brandenburg zwar schockierend, aber nicht überraschend sei. Er sagte unter anderem: „Direkt betroffen sind wir hier in Stuttgart nicht von den Wahlergebnissen in Sachsen und Brandenburg, doch auch in Baden-Württemberg hat die AfD vor drei Jahren bei den Landtagswahlen bereits 15 % der Stimmen erhalten. Deshalb gilt: Ob 15 % oder mehr als 20 % für die AfD, jedes Prozent für eine rechte Partei ist eines zu viel. Wir müssen all das als Teil des gesellschaftlichen Rechtsrucks erkennen und bekämpfen. Ob in Ost oder West: Es gilt aufzuzeigen, dass die soziale Frage nicht mit rechten, rassistischen Antworten lösbar ist, denn ob CDU, AfD oder NPD, alle stehen für eine Politik der Ausbeutung und Unterdrückung“. Und weiter: „Denn nur gemeinsam können wir eine bundesweite Partei und bundesweit vernetzte Nazis bekämpfen. Ob Ost, ob West – alle zusammen gegen den Faschismus!“.

Die vollständige AABS-Rede kann hier angehört werden.

Lautstark auf der Straße gegen den Rechtsruck

Im Anschluss an die Kundgebung schlossen sich etwa 150 Menschen einer Demonstration an. Diese führte vom Rotebühlplatz durch die Tübingerstrasse zum Marienplatz. Lautstark zog der Demonstrationszug durch die Innenstadt nach Heslach. Mit Parolen wie: „Alle zusammen gegen den Faschismus“, „Ob Ost, ob West, nieder mit der Nazipest“ und „Faşizme karşi omuz omuza! – Schulter an Schulter gegen den Faschismus“ machte der Zug auf sich aufmerksam. Die Reaktionen der PassantInnen waren zustimmend und positiv. Die Demonstration setzte ein sichtbares Zeichen. Nach Ankunft auf dem Marienplatz löste sich die Demonstration auf.

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Protest gegen AfD in Gültstein

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Protest gegen AfD in Gültstein

Symbolbild

Herrenberg – Gültstein. Die AfD hält immer wieder in der Gaststätte „Zom Kronawirt“ in Herrenberg Veranstaltungen ab. Die nächste ist für Mittwoch, 9. Oktober, geplant. Als Redner sind Oliver Hilburger (Zentrum Automobil), der Landtagsabgeordnete Hans Peter Strauch (Verkehrspolitischer Sprecher der AfD in Baden-Württemberg) und der Bundestagsabgeordnete Dirk Spaniel vom extrem rechten „Flügel“ der AfD angekündigt. Ab 18 Uhr ist eine Gegenkundgebung in Herrenberg angekündigt.

„Zentrum Automobil und AfD wollen wieder einmal eine Veranstaltung zum Thema Verkehrswende machen und schielen auf Zulauf aus den Daimlerwerken – nicht umsonst soll die Veranstaltung in der Nähe stattfinden“, schreibt das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region AABS in seinem Aufruf zum Protest. Als Treffpunkt für die Anreise nach Gültstein werden 17.15 Uhr am Hauptbahnhof Stuttgart (Le Crobac beziehungsweise Passage), 16.50 Uhr in Waiblingen am Bahnhof (Gleis 1) und um 18 Uhr in Herrenberg (Gleis 102) genannt.

Spalter auf verlorenem Posten: Zentrum Automobil – Archivbild

„Dass diese Rattenfänger keine Alternative für ArbeiterInnen und Angestellte sind, beweist nicht nur ihr Parteiprogramm, sondern auch die jüngsten Ereignisse, die sich bei Daimler abgespielt haben“, so das AABS. Zwei „rassistische Mitarbeiter“ hätten über längere Zeit einen Kollegen gemobbt und bedroht. Ihnen sei daraufhin gekündigt worden. Jetzt stelle das „Zentrum“ die Sache verdreht da und mache die beiden Täter zu Opfern. „Dieses Vorgehen zeigt noch einmal deutlich, wofür die Scheingewerkschaft steht: Sie sabotieren den gemeinsamen Kampf der Belegschaft und agitieren stattdessen rassistisch und gewerkschaftsfeindlich“, so das AABS. Die AfD und rechte Organisationen wie „Zentrum Automobil“ seien keine Lösung.

Rechte Hetzer und der Mörder von Halle gleichen sich

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Rechte Hetzer und der Mörder von Halle gleichen sich

Von Alfred Denzinger – Stuttgart. Auf dem Stuttgarter Rotebühlplatz fand am Donnerstagabend, 10. Oktober, eine Kundgebung gegen rechte Gewalt statt. Nach den rechtsterroristischen Morden am Vortag in Halle hatte das Bündnis „Stuttgart gegen Rechts“ (SgR) spontan dazu aufgerufen. 200 Menschen folgten dem Aufruf.

Die Kundgebung begann mit einer Schweigeminute, mit der der beiden Opfern des Mordanschlags gedacht wurde. Aus Rücksicht auf die Opfer gab es bei der Versammlung keine Musik.

„Wegbereiter des Terrors: Höcke, Sarazzin, Maaßen, Palmer“

Jens Heidrich, Stuttgart gegen Rechts

Jens Heidrich, Sprecher des SgR-Bündnisses, erklärte, dass mit den Morden in Halle eine neue Qualität rechten Terrors erreicht sei. Es handele sich daher nicht nur um eine Trauerkundgebung im Gedenken an die Opfer, sondern „es ist auch eine Wutkundgebung“. Der neonazistische Mörder habe auch Überlegungen angestellt, Moscheen und Antifaschistische Zentren anzugreifen. „Das Attentat am Mittwoch war keine Überraschung“, solche Täter würden nicht einfach so im Internet oder in einem Hinterzimmer sozialisiert. „Sie werden ermutigt vom gesellschaftlichen Rechtstrend, der sich quer durchs Land zieht“, stellte Heidrich die Zusammenhänge her.

Er erinnerte hierbei an Akteure wie Björn Bernd Höcke, Thilo Sarazzin, Hans-Georg Maaßen und Boris Palmer. Diese Leute hätten dazu beigetragen, dass „dieses Land in einem gesellschaftlich vergifteten Klima ist“ und Neonazis ermutigt würden. Solidarisch zu sein, reiche bei Weitem nicht aus, „wir müssen mehr tun und wir müssen es schnell tun“, so Heidrich.

Die Rede Heidrichs haben wir dokumentiert.

„Antisemiten, Nazis, Faschisten, Rassisten und AfD von der Straße fegen!“

Die Rednerin des AABS – des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart und Region – erklärte, der faschistische Mörder von Halle habe das getan, was Faschisten schon immer getan hätten. Er habe ein Blutbad an deutschen Jüdinnen und Juden anrichten wollen. „Damals wie heute wurden und werden aber nicht nur Jüdinnen und Juden Ziel der Faschisten“. In unserem Land seien in den letzten Jahrzehnten Hunderte ermordet worden. Tausende seien Opfer von Anschlägen geworden. Auch diese Rednerin hob die Zusammenhänge zwischen den Hetzern im Internet und dem Mörder von Halle hervor. Sie wies auf die Zusammenhänge zwischen den Kameradschaftsnazis und dem NSU sowie auf rechte Hooligans und Rechtspopulisten in Anzügen hin. „Die einen, die das Umfeld schaffen, die das Unsagbare sagbar machen, und die anderen, die daraus die Konsequenzen ziehen und das Unvorstellbare tun.“

Der Mörder von Halle und die AfD stünden in einem gesellschaftlichen Kontext. Diese Entwicklung, dieser Rechtsruck müsse gestoppt werden. „Egal, ob sie das Töten beklatschen oder es selbst tun, es muss gestoppt werden“, so die Rednerin des AABS. „Es hilft nicht zu appellieren, es hilft nicht, das alles zu verurteilen, und es hilft auch nicht einfach zu rufen „Wir sind mehr!“. Es hilft nicht, nach den Politikern zu rufen, die selbst hetzen und Öl ins Feuer gießen. Es hilft nicht, nach Sicherheitsbehörden zu rufen, die selbst in den rechten Sumpf verstrickt sind. Es hilft nur, mit allen Mitteln gegen die Rechten vorzugehen. Mit dem Wort und mit dem Transparent. Aber – ja, manchmal leider eben auch mit der Faust.“

Die Rednerin beendete ihre Rede mit der Aufforderung, „brechen wir die Bewegung, in deren Schatten Stephan Balliet und andere morden. Für die Freiheit und für das Leben aller Menschen. Antisemiten, Nazis, Faschisten, Rassisten und AfD von der Straße fegen!“

Die vollständige Rede ist hier dokumentiert.

„Wir sind sein erstes Feindbild gewesen“

Janka Kluge, VVN-BdA

Die Landesgeschäftsführerin der VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen), Janka Kluge, betonte, „der Mörder hat seine Tat angekündigt“ und in seinem Text seien die Schritte seiner Tatplanung dokumentiert. Als erstes habe er gedacht, „ich greife Linke und AntifaschistInnen an, ich greife linke Zentren an“, weil sie sein primäres Feindbild gewesen seien „Wir sind sein erstes Feindbild gewesen“, stellte Kluge klar. Später habe er dies verworfen. Seine mörderischen Planungen hätten die Gedanken des Täters über Muslime zu Juden geführt, denn „die Juden stecken hinter allem und die Juden“ würden alles beeinflussen, so habe der Täter sein irrwitziges Weltbild niedergeschrieben.

Kluge stellte die Zusammenhänge zur AfD am Beispiel von Wolfgang Gedeon dar. Der baden-württembergische AfD-Abgeordnete habe in seinen Büchern gefordert, dass antisemitische Hetzschriften wie zum Beispiel „Die Protokolle der Weisen von Zion“ im Schulunterricht genutzt werden sollen, „als Lehrbuch darüber, wie die Juden die Welt erobern wollen“.

Kluges Rede kann hier angehört werden.

Die Komplizen tragen Anzug und Krawatten

Luigi Pantisano, Stadtrat Die Fraktion

Der Stuttgarter Stadtrat Luigi Pantisano (Die Fraktion) führte aus, der Terroranschlag in Halle sei gegen unsere gesamte Gesellschaft gerichtet. Der Rassismus in Deutschland werde immer hoffähiger. Der Terrorist sei kein Einzeltäter gewesen. Er habe Komplizen bei seiner Tat gehabt. „Sie liefen zwar nicht mit Gewehren durch Halle, aber sie haben diesen Terroristen mit Worten begleitet und unterstützt. Seine Komplizen tragen Anzug und Krawatten. Sie sitzen in Talkshows, in Gemeinderäten, im Landtag und im Bundestag. Ihre rassistische Organisation nennt sich Alternative für Deutschland, und sie sind mitschuldig an diesen Taten. Weidel, Gauland, Höcke, ihr habt Blut an den Händen“, sagte Pantisano.

„Wenn Juden angegriffen werden, dann bin ich Jude“

Er schloss seine Rede mit den Worten: „Wenn Juden angegriffen werden, dann bin ich Jude! Wenn Muslime angegriffen werden, dann bin ich Muslim! Wenn Frauen angegriffen werden, dann bin ich Frau! Wenn Schwule angegriffen werden, dann bin ich schwul! Wenn Schwarze angegriffen werden, dann bin ich schwarz!“ Vor kurzem erhielt Pantisano eine Morddrohung, in der er aufgefordert wurde, seinen Posten als Stadtrat öffentlich niederzulegen. Nur dann werde man gnädig sein und ihm die Wahl lassen, wie er sterben wolle, „nachdem Du im Kräherwald vorher dein eigenes Grab ausgehoben hast. Durch einen Kopfschuss, durch einen Nackenschuss oder durch Enthauptung. „Wenn ich angegriffen werde, dann weiß ich, dass wir viele sind und wir gemeinsam Widerstand leisten werden. Alerta!“

Die vollständige Rede Pantisanos kann hier nachgehört werden.

Feindbild Feminismus

Stadtrat Hannes Rockenbauch und Janka Kluge, VVN-BdA

Die Rednerin des Frauenbündnisses „8. März“ thematisierte, dass der Täter von Halle neben antisemitischen und rassistischen Motiven unter anderem den Feminismus als die Ursache allen Übels genannt hätte. „Feministische Kämpfe, wie zum Beispiel das Recht auf Abtreibung, sollen der angebliche Grund dafür sein, dass zu wenig Kinder geboren werden und die Bevölkerung durch Einwanderer ausgetauscht werden soll“, führte die Rednerin aus.

Hier kann die Rede nachgehört werden.

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Beraubt, verschleppt, ermordet

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Beraubt, verschleppt, ermordet

Symbolbild

Stuttgart. Jüdinnen und Juden wurden ihres Besitzes beraubt, zur Auswanderung gezwungen, in den Selbstmord getrieben, in Konzentrationslager verschleppt und in den Gaskammern ermordet. Das Pogrom war Teil der Vorbereitung auf die planmäßige Ermordung der jüdischen Bevölkerung Europas im Rahmen des Eroberungs- und Vernichtungskrieges, mit dem die Nazis die Welt überzogen. Das Bündnis zum Gedenken an die Opfer der Pogromnacht in Cannstatt lädt zur 10. Gedenkveranstaltung an die Opfer der Pogromnacht in Cannstatt ein.

Die Kundgebung findet am Samstag, 9. November, um 18 Uhr am Platz der ehemaligen Synagoge in Bad Cannstatt in der König-Karl-Straße 45-47 statt. Im Anschluss gibt es im Bezirksrathaus (Am Marktplatz 10) eine Lesung und Konzertveranstaltung mit der Shoa-Überlebenden Esther Bejarano und der Rapband Microphon Mafia.

Am Abend des 9. November 1938 stürmten gut organisierte SA- und SS-Truppen hunderte Synagogen, tausende Geschäfte und Wohnungen und setzten sie in Brand. Zehntausende wurden von SS und Gestapo verhaftet, über 100 ermordet.

Vom Killesberg ins KZ

Platz der ehemaligen Synagoge in Bad Cannstatt – Archivbild

Die Synagoge in Cannstatt wurde von Feuerwehrleuten und einigen Nazis angezündet. Eine Cannstatterin erinnert sich an die jüdischen Geschwister Buxbaum in der Zieglergasse 1: „Ich war zufällig Augenzeuge, als Anhänger der SA in Uniform mit Spitzhacken die Fenster des Metzgerladens zertrümmerten. Es war grausam! Danach waren beide Buxbaums verschollen.“ Sie trauten sich nicht mehr an die Öffentlichkeit.

Am 1. Dezember 1941 erfolgte die erste Deportation von circa 1000 württembergischen Jüdinnen und Juden vom Killesberg ins KZ Riga-Jungfernhof. Den größten Teil von ihnen erschossen die Faschisten umgehend in einem Wäldchen in der Nähe Rigas.

Von den 261 Jüdinnen und Juden, die 1933 in Cannstatt wohnten, wurde am 1. März 1943 als letzter Cannstatter Dr. Ernst Reichenberger nach Auschwitz deportiert, wo er ums Leben kam. Mehr als 100 jüdische BewohnerInnen Cannstatts wurden Opfer der faschistischen „Endlösung“.

Die Gedenkreden werden gehalten von:

Martin Poguntke, Pfarrer i.R. und „Dipl.-Päd.“
Sidar Carman, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi Stuttgart,
EinE VertreterIn des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS)
Moderation: Joe Bauer (Autor und Betreiber des Flaneursalons)
Kulturprogramm: Freier Chor Stuttgart mit jüdischen und antifaschistischen Liedern

Esther Bejarano – Archivbild

Im Anschluss um 19.30 Uhr im Verwaltungsgebäude des Bezirksrathauses Bad Cannstatt, Am Marktplatz 10:
Lesung und Konzertveranstaltung mit der Shoa-Überlebenden
Esther Bejarano und der Rapband Microphon Mafia.

Esther Bejarano wurde 1924 als Tochter jüdischer Eltern in Saarlouis geboren. Bereits mit 10 Jahren bekam sie die ersten Repressionen der deutschen Faschisten zu spüren. 1941 musste sie als Zwangsarbeiterin in einem Fleurop-Blumenladen arbeiten, im gleichen Jahr ermordeten die Nazis ihre Eltern. Zwei Jahre später wurde sie nach Auschwitz deportiert, wo sie im Mädchenorchester spielen musste. Am 3. Mai 1945 erlebte sie in Lübz die Befreiung durch US-amerikanische Truppen.

Esther Bejarano mit der Microphon Mafia – Archivbild

Esther Bejarano engagiert sich bis heute gegen Krieg und Faschismus, zum Beispiel in Schulen, wo sie über das Grauen und die Hintergründe des Faschismus berichtet. Gemeinsam mit dem Rapper Kutlu tritt sie seit über 10 Jahren auf über 600 Konzerten auf. Ihr Programm ist vielseitig: Lieder in jiddischer Sprache, die in den Ghettos und KZs entstanden sind, treffen auf Stücke von Brecht oder Hikmet; die Texte werden im Original vorgetragen, sei dies jiddisch, hebräisch, latino, russisch, romanes, türkisch, griechisch, englisch, spanisch oder italienisch. Damit drücken sie ihr Verständnis von Völkerfreundschaft und -verständigung aus.

Bejarano wird auch aus ihrem Buch „Erinnerungen – vom Mädchenorchester in Auschwitz zur Rap-Band gegen rechts“ lesen.

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